Marokko

Marokko: Weltkulturerbe und Titanic

Die Portugiesische Zisterne ist Teil des Weltkulturerbes.

Die Hafenstadt El Jadida bietet eine Mischung aus Alt und Neu

Im Nationalen Pferdegestüt. Fotos: cb

Knapp 100 Kilometer südwestlich des Finanzzentrums Casablanca ist die 150.000-Einwohner-Stadt El Jadida an der Atlantikküste vor allem ein beliebter Badeort der Marokkaner. Schöne Sandstrände zeichnen die für ihre Falknerei bekannte Doukkala-Region aus. Mit Accors Pullman El Jadida Royal Golf & Spa gab es bereits ein Hotel internationalen Standards. Weitere 500 Zimmer und Suiten sind mit dem luxuriösen Mazagan Beach Resort von Kerzner International hinzugekommen, das bis 2018 in zwei Bauphasen nach Kundenwünschen erweitert werden soll.

Höhepunkt eines Besuchs von El Jadida ist die Anfang des 16. Jahrhunderts errichtete portugiesische Hafenfestung Mazagao, die seit 2004 zum Unesco-Weltkulturerbe zählt. Die Stadt fiel 1580 an die Spanier, die sie Mazagan nannten. Lange widerstand ihre Festung den Angriffen von Berbern und marokkanischen Sultanen, bevor sie 1769 aufgegeben wurde und verfiel. Als El Jadida, „die Neue“, erlebte der Stützpunkt für Handelsschiffe auf dem Weg nach Indien ab 1815 ein Comeback.

Von ursprünglich fünf portugiesischen Bastionen sind noch vier erhalten. Einen atemberaubenden Blick auf Stadt, Hafen und Meer bietet die Bastion der Engel. Den Portugiesen diente die Rampe der Porte de la Mer als Fluchtweg zum Atlantik. Die mehr als 400 Jahre alten Säulen eines zur Portugiesischen Zisterne umgebauten unterirdischen Waffenlagers entdeckte 1916 ein Händler im Zentrum der Altstadt. Orson Welles und Arthur Joffé nutzten den lange vergessenen Keller als Filmkulisse für „Othello“ und „Harem“. Ein Lichtschacht sorgt dafür, dass sich die Gewölbe zauberhaft im Wasser spiegeln. Sehenswert sind auch die spätgotische Kirche Mariä Himmelfahrt sowie die Moschee mit dem fünfeckigen Minarett gegenüber.

Nur ein paar Schritte führen vom Weltkulturerbe auf El Jadidas Markt. In dessen Gassen werden zwischen Kleidern und Schuhen noch Garne gesponnen. Hühner landen gar lebendig auf der Waage. Wem das zu viel ist, der findet im Nationalen Pferdegestüt Abwechslung. Ein Besuch der edlen englischen, arabischen und Berber-Pferde in den Stallungen eines alten Forts am Stadtrand lohnt sich. Das Gestüt organisiert Reitunterricht sowie Strandausflüge hoch zu Ross. Dort überrascht El Jadida mit einer weiteren Attraktion: Das in zwei Teile zerbrochene Wrack eines 1989 vor der Küste auf Grund gelaufenen Frachtschiffs ragt aus dem Wasser. Neckisch nennen es die Einheimischen „Marokkanische Titanic“.
Christian Boergen
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