Ägypten

Als Höhepunkt ein „Halleluja“

Zwischendurch ist immer wieder gute Technik und Radbeherrschung gefragt.

Auch wer den Wüste Sinai per Rad durchquert, erlebt den Trubel am Mosesberg

Pausen machen und viel trinken gehört zu den wichtigsten Dingen in der Wüste. Fotos: cs

Der Reifen versinkt ganz langsam. Man kann nichts tun, außer absteigen und laufen bis der ägyptische Sand gnädig ist und man wieder ein Stück fahren kann. Ein mühsamer Start, und wir wollen ja mit den Mountainbikes von Golf zu Golf. Dazwischen liegen aber 350 Kilometer Wüste, fünf Tage Hitze und Schweiß, biken und schieben, fluchen und jubeln.

Anfangs zweifeln wir, ob das überhaupt in fünf Etappen zu schaffen ist, so oft gräbt sich das Rad im Sand ein. Die erste Technikschulung soll uns helfen, mit dem feinen Untergrund fertig zu werden. Vor uns liegt ein riesengroßer Sandkasten. Kein Stein, kein Strauch, nur Millionen feiner, fieser Körner. Es geht leicht bergab, unser Guide Thomas schwingt sich in den Sattel, nimmt Fahrt auf. Auch sein Vorderrad beginnt zu schwimmen, versinkt aber nicht. Der Österreicher hat einen kleinen Gang eingelegt und tritt mit einer Atem-raubenden Frequenz. Solange, bis seine Reifen wieder festeren Grund ertasten. "Ihr müsst einfach durchhaxeln."

Marc und Francois haben kein Problem. Sie sind zwar keine Wüstenfüchse, aber Bike-Freaks, die sich am Wochenende auch mal 4.000 Höhenmeter geben. Die restlichen sieben Teilnehmer versanden hingegen. Aber auch sie haben bald ihre ersten Erfolgserlebnisse und cruisen durch die Sinai, entlang senkrechter Felswände, die kaum Schatten spenden. Schmale Canyons zerschneiden mächtige Berge, der Wind hat in tausendjähriger Arbeit bizarre Fratzen in den Stein gefräst.

So abwechslungsreich hat sich niemand die Landschaft vorgestellt. Selbst der Sand schimmert mal hell, mal dunkel, dann gelb, braun oder rot. Mal trägt er, mal bringt er uns zur Verzweiflung. "Sand ist wie Schnee", sagt Guide Thomas bei 40 Grad. Je nach Wind und Temperaturen verändert er sich. Wo heute die Reifen noch drüberknattern, droht ihnen morgen der Untergang.

Das bringt natürlich Probleme mit sich: Marc führt in der Pannenstatistik von Beginn an und verteidigt den Platz bis zum letzten Tag. Auch ein paar kleinere Stürze bringen ihn nicht aus der Ruhe. Sein Bike macht geduldig alles mit - und ist natürlich voll gefedert. Nur François ist ein Draufgänger mit Hardtail, der auch mal die Federung der Vorderachse arretiert, um echtes Presslufthammer-Feeling zu erleben.

Auch der Rest der Truppeist fahrtechnisch und konditionell voll auf der Höhe - obwohl einige ihren 50. Geburtstag bereits gefeiert haben. Zwei Ärzte sind dabei und fahren einen Medizinkoffer mit, mit dem sie eine ganze Schulklasse versorgen könnten, die Beat wiederum unterrichten könnte, weil er Lehrer ist. Kieferorthopäde Hans Peter muss es wohl immer wieder schaudern angesichts der löchrigen Gebisse der Beduinen.

Das Bäckerehepaar aus Deutschland ist nicht auf den Spuren des Brotes unterwegs, obwohl der Sauerteig vermutlich in Ägypten erfunden wurde. Für die beiden findet die Reise ihren Höhepunkt auf dem Mosesberg. Zusammen mit den meisten anderen Teilnehmern besteigen sie den 2.285 Meter hohen Berg zwar zu Fuß - nur vier von uns tun sich die schweißtreibende Unternehmung per Rad an.

Die Deutschen sind allerdings die einzigen, die am nächsten Morgen vom Nachtlager eine halbe Stunde zum Gipfel hochsteigen, wo Tausende Touristen aus aller Welt "Halleluja" singen. Wir sehen den Pilgerstrom erst beim Abstieg und wundern uns über US-Amerikaner und Spanier, die in Flip-Flops einen Gipfel bestiegen haben, auf dem durchaus alpine Gefahren lauern.

Zu einer Tour durch die Wüste gehört natürlich auch ein Ritt auf dem Dromedar: Manch einer springt auf den Sattel des sitzenden Tieres und kippt auf der anderen Seite nach unten. Der Ritt dauert eine Stunde und ist für einige Teilnehmer schmerzhaft, weil sie sich ihre Männlichkeit einklemmen. Fast alle wünschen sich zurück aufs Bike. Sogar schieben wäre ihnen jetzt lieber.

 

Abenteuer Sinai
Der Artikel basiert auf einer achttägigen Reise mit Bike Adventure Tours und wird zu bestimmten Terminen auch für die Zielgruppe 55plus angeboten. Der Sinai als Ziel für Aktiv- und Erlebnisreisen ist auch bei zahlreichen anderen Veranstaltern im Programm, darunter Helios Reisen, Ikarus Tours, Go Xplore und Studiosus. Kurze Rundreisen bietet nahezu alle Pauschalreisenveranstalter an, darunter FTI mit der viertägigen Tour "Hathor". Der Mosesberg und das Katharinenkloster können bei einem Urlaub in Sharm el Sheik auch als Tagesausflug besucht werden.

Christian Schreiber
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