Kenia

Wildnis wie auf Flügeln

Am Lake Bogoria lassen sich Tausende Flamingos beobachten. Foto: cd

Nirgendwo kann man so viele Vögel beobachten wie am Lake Bogoria

Es klappert und krächzt, schreit und pfeift, wenn die Dämmerung fällt. Ein Orchester Tausender Vögel stimmt ein kakofonisches Abendlied an. Am Äquator kommt die Dunkelheit mit rasender Eile. Als die Sterne aufgehen, sind die gefiederten Sänger am Seeufer verstummt.

Kenias Tierwelt hat viel mehr zu bieten als Raubkatzen, Elefanten und Giraffen. Der Vogelreichtum des ostafrikanischen Landes ist weltweit einzigartig. Nordwestlich der kenianischen Hauptstadt Nairobi liegen mehrere große Seen wie etwa der Lake Naivasha, der Lake Nakuru und der Lake Bogoria, vormals Lake Hannington genannt. Letzterer beeindruckt mit Abertausenden von Flamingos, Geysiren und kochend heißen Quellen an seinem Ufer. Fast mystisch wabert der Dampf über den "Hot Springs" - wer hier hinein fällt, ist sofort tot. Ein Bad im heilsamen Schwefelwasser kann man ein Stück weiter entfernt im Bogoria Spa Resort nehmen. Es hat entgegen seines Namens zwar keinen Spa, aber ein fast körperwarmes Thermalbecken neben einem riesigen "normalen" Pool.

Das Lake Bogoria National Reserve umfasst rund 100 Quadratkilometer unberührte Natur und ist alles andere als überlaufen. Neben Flamingos und vielen anderen Vögeln lassen sich hier auch Büffel, Gazellen, Kudus, Zebras und Leoparden beobachten. Vor der Weiterfahrt muss man noch etwas von dem köstlichen Akazienhonig kaufen, den örtliche Bienenzüchter entlang der Straße anbieten.

In der Nähe führt der Äquator vorbei. Ein Zebrastreifen führt genau auf der magischen Linie über die Landstraße. Einige Frauen verkaufen Kunsthandwerk und zeigen, wie ein im Wasser treibendes Blatt die Drehrichtung ändert, je nachdem, ob der Trichter mit dem abfließenden Wasser in der nördlichen oder südlichen Hemisphäre steht. Es gibt sogar ein kleines Tourismusbüro vor Ort. Das "Mogotio Information Center" stellt gegen eine kleine Spende Zertifikate der Äquatorüberquerung aus.

Etwas weiter südlich, rund 160 Kilometer von Nairobi entfernt, liegt der Lake Nakuru National Park, seit 1967 Vogelschutzgebiet. Lange Zeit galt der See als die kenianische Flamingo-Adresse schlechthin. Doch seit einigen Jahren meiden die Vögel den See und sind daher viel eher am Lake Bogoria oder weiter westlich am Lake Simbi Nyaima zu finden. Warum ein Teil der Flamingos am Nakuru-See verendete und die restlichen Tiere "auswanderten", ist unklar.

Dafür sind am Lake Nakuru Kolonien von Pelikanen sowie, neben zig Gazellenarten, mehrere Familien von Spitz- und Breitmaulnashörnern zu beobachten. Von den Baboon Cliffs hat man einen Blick über den Park mit seinen 450 Vogelarten und dem größten Baum-Euphorbienwald Afrikas.

Nur der Leopard gibt sich auch hier diskret. Die Dämmerung ist schon gefallen, als endlich ein Exemplar erscheint - im Dunkeln ist jedoch nur noch sein von einem Ast hängender Schwanz zu erkennen.  
Claudia Diemar