Großbritannien

Im Wohnzimmer der Queen

Blumig-schön mochten es die Royals im „Drawing Room“.

Edinburgh ist Heimathafen der Royal Yacht Britannia

Die Britannia liegt heute im Hafen von Edinburgh.

Die Schiffsglocke auf dem Sonnendeck erinnert an das Fertigungsjahr der Britannia. Fotos: ah

Sie schipperte über die Weltmeere und beherbergte die britische Königsfamilie. Heute liegt die Royal Yacht Britannia als Museumsschiff im Hafen von Edinburgh. 250.000 Besucher wandeln jährlich mit Audio-Guides durch die Gänge, blicken in das Schlafzimmer von Königin Elizabeth II. und staunen über die üppige Ausstattung der Motoryacht.

Als die Britannia die Weltmeere kreuzte, lag sie der Queen sehr am Herzen: „Es ist der einzige Ort, wo ich wirklich entspannen kann“, sagte die sonst so reservierte Dame. Das Schiff war die 83. Yacht des britischen Königshauses. 1953 wurde die Britannia im schottischen Clydebank gefertigt.

1954 taufte sie Elizabeth II. höchstpersönlich – selbstverständlich mit einem Fläschchen Schaumwein aus dem britischen Empire. Passend zum Schiffsnamen spielte eine Band „Rule Britannia“. Tausende Zuschauer stimmten am Kai spontan mit ein. Im ersten Betriebsjahr reiste die Britannia nach Malta, Gibraltar und Kanada. 44 Jahre lang war die Motoryacht im königlichen Dienst und legte mehr als eine Million Meilen auf den Weltmeeren zurück.

Neben offiziellen Staatsbesuchen diente die Britannia für die Privatreisen der Blaublütigen. So unternahmen 1973 Prinzessin Anne und Mark Phillips mit dem Schiff ihre Hochzeitsreise auf die Galapagos-Inseln. Auch ein Stopp auf den Westindischen Inseln gehörte dazu. Im Vergleich dazu hielt sich 1981 das frisch getraute Ehepaar Prinz Charles und Lady Di zurück. Sie flitterten mit der Britannia nur im Mittel- und Roten Meer.

1997 wurde die Yacht außer Betrieb gesetzt. Die jährlichen Kosten von 30 Millionen Euro wurden der Labour Partei, der Siegerin der Parlamentswahlen, zu viel. Denn die immensen Betriebskosten trug über Jahrzehnte der britische Steuerzahler. Die Partei bot der königlichen Familie zwar an, den Betrieb der Britannia zu übernehmen. Sie lehnte ab. Als die Queen das letzte Mal ihr Lieblingsschiff verließ, soll die sonst so strenge Königin gar eine Träne vergossen haben.

Im ihrem letzten Jahr reiste die Britannia unter anderem in den Jemen, nach Indien, Thailand, Japan und Hongkong, wo sie bei der Rückgabe der Kronkolonie an China vor Ort war, und Chris Patten, den letzten britischen Gouverneur Hongkongs abholte. Jetzt liegt das Schiff in Edinburgh.

Besucher betreten Räumlichkeiten, die die Öffentlichkeit vor Jahrzehnten nie zu Gesicht bekommen hätte. Auf dem Oberdeck erfährt der Besucher, dass die Queen und ihr Prinzgemahl an Bord in getrennten Kajüten schliefen. Auf dem Schiff gibt es nur ein Doppelbett: Prinz Charles ließ es 1981 einbauen – wohl um die Flitterwochen mit seiner Angetrauten angenehmer zu gestalten. Im Drawing Room, dem Wohnzimmer der Royals, wird das Auge von der blumigen Sofagarnitur gefangen genommen. 95 Prozent der Inneneinrichtung ist original erhalten.

Auch ein Blick ins Unterdeck lohnt. Dort lebten die Crew und die Wachmannschaft der Royal Marines. Neben einem Operationssaal und einer Wäscherei ist dort ein Pub für die Mannschaft eingerichtet – mit Tresen und frisch gezapftem Bier der Marken Courage CSB, Special VAT und Foster’s. Ob die Queen dort auch mal ein Pint zu sich nahm, ist nicht überliefert.
Arne Hübner
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