Marokko

Marrakesch: Zum Surfen ins Grüne

Viel Platz zum Flanieren: der Garten Menara

Die Gärten der Stadt verbinden Tradition und Moderne

Online im Cyberpark. Fotos: kib

Der Tourist ist verwirrt und fragt deshalb den nächstbesten Passanten: „Wo ist denn bitte der Menara-Garten?“ Wortkarg zeigt der Angesprochene auf das Tor hinter dem Rücken des Urlaubers. Aha! – und wieso gibt es da keine Hinweistafel? 
Fremdenführer Mohamed Zouhair kennt die Antwort: „Zu viele Marokkaner sind Analphabeten, ein entsprechendes Schild könnten sie nicht lesen. Stünde aber eines da und sie würden nach dem Park fragen, würden sie ihr Gesicht verlieren. Ohne Schild können sie sich helfen lassen und dabei ihre Würde wahren.“ Nach offiziellen Angaben ist in Marokko etwa ein Drittel der erwachsenen Bevölkerung Analphabeten. 
Der Idylle im Andalusischen Garten tut das keinen Abbruch: Hier ist für Kinder viel Platz zum Spielen, zwischen Palmen und Zypressen tobt ein Rudel Welpen, in einem großen Wasserbecken, einst zum Training von Soldaten und zur Bewässerung der Olivenhaine gedacht, schwimmen heute Karpfen, um das Wasser in Bewegung zu halten. 
Zu den ältesten Gärten Marrakeschs zählt neben dem Menara auch der Garten von Agdal. Er wurde ebenfalls im 12. Jahrhundert angelegt. Eine Panorama-Terrasse bietet Ausblick auf die Berge des Hohen Atlas – sofern man denn eingelassen wird, denn der Garten ist nur von Freitag bis Sonntag geöffnet. 
Die riesige Gartenanlage Palmerai, im der mehrere Hotels und Resorts liegen, bietet den Touristen mehr als nur reichlich Raum für Spaziergänge: Wer möchte, kann auf Dromedaren, Quads oder Pferden durch die Palmenhaine jagen. 
Beschaulich und ruhig ist es indes im Musee de la Palmerai, zu dem neben einer Kunstausstellung ein Garten gehört, der aus einem andalusischen Teil, einem Wüstenabschnitt und einem Wassergarten besteht. Hier flaniert man zwischen Mandarinenbäumen und Dattelpalmen, beobachtet Goldfische, Frösche und Schildkröten. 
Mental ebenso weit weg von der pulsierenden und quirligen Altstadt Marrakeschs führt der Jardin Majorelle, der dem französischen Maler Jacques Majorelle gehörte. 1947 öffnete Majorelle seinen Privatgarten mit den exotischen Pflanzen der Öffentlichkeit. Später wurde er von Yves Saint Laurent und Pierre Berge restauriert, so dass die Anlage nun auch ihren Künsten Tribut zollt. 
Ein Prachtstück ist der parkähnliche Garten des Fünf-Sterne-Hotels La Mamounia. Nicht-Hotelgäste werden eingelassen, sofern sie ordentlich gekleidet sind. 
Frische Luft und Ruhe – sowie eine virtuelle Verbindung in die weite Welt – findet man im Cyber Park Arsat Moulay Abdeslam. Der Park, dessen Anfänge ins 18. Jahrhundert zurückreichen, gehört heute der Telekom, die dort kostenlose Wifi-Hotspots zur Verfügung stellt. Wer hier sitzt und surft, wird maximal vom Vogelgezwitscher abgelenkt. 
So schlagen Marrakeschs Gärten den Bogen vom Mittelalter ins 21. Jahrhundert. Künstlerisch, duftend und innovativ – vor allem aber als ideale Ruhepole inmitten der Hektik einer betriebsamen Großstadt.
Rivka Kibel
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