Tunesien

Kairouan: Tunesien wie gemalt

Als wär’s ein Bild von Klee: Blick von einer Dachterrasse auf die Medina von Kairouan. Foto: rh

Auf Künstlerspuren in Kairouan, Tunis, Ezzahra und Sidi Bou Said

Hussein Kahouaji strahlt. „Schauen Sie, dieses Fenster. Das hat Paul Klee auch gemalt.“ Fast an jeder Ecke der Altstadt von Kairouan weiß der Kunstkritiker etwas zu erzählen über den bekannten Maler, der sich 1914 mit August Macke und Louis Moilliet aufgemacht hatte nach Tunesien. 
Paul Klee und die Farben
Auch Abdellatif Rhomdani spricht voller Enthusiasmus über die Motive und das Licht Kairouans. Er ist selbst Maler, daher kann er bestens nachvollziehen, wie sehr das europäische Künstlertrio begeistert war von dem fast transparenten Himmel über seiner Heimatstadt, dem Zick-Zack der oft erstaunlich breiten Gassen und dem Panorama aus Kuben und Kuppeln, Erkern und Dachterrassen der Medina. Die gehört zum Weltkulturerbe der Unesco und strahlt selbst in Zeiten wie diesen vor allem eines aus: Entspanntheit. 
„Unsicher fühlt sich hier niemand, auch Touristen nicht“, weiß Rhomdani und erzählt in lebhafter Sprache von den Details, die früher zum Teil anders waren. 
„Türen, Fensterläden und Erker leuchteten noch nicht in kräftigem Blau, sondern grün.“ Aber die Farben und Muster der Teppiche, für die Kairouan bekannt ist, haben sich kaum verändert. In seinem Tagebuch wird Klee später zu Kairouan notieren: „Die Farbe hat mich für immer erobert!“ 
Am 7. April 1914 war Klee mit Macke und Moilliet im Hafen von Tunis angekommen. Macke mietete sich unweit der Markthallen im Grand Hotel de France ein, heute eine günstige Pension. Klee und Moilliet logierten bei dem Schweizer Arzt und Mäzen Dr. Jäggi. Das Haus in der Rue de Sparte gibt es heute leider nicht mehr. Doch andere Bauten in der Umgebung künden noch von der damaligen Pracht. So etwa die Villa 78, die heute Reisenden als Bed & Breakfast-Herberge dient.
Die drei Künstler von 1914 übersiedelten nach ihren Tagen in Tunis, wo sie mit ihren Skizzenblöcken durch die Altstadtgassen streiften, in denen heute kleine, feine Gästehäuser locken, in Jäggis Sommervilla im Küstenort Ezzahra. „Wir überlegen, was künftig dort entstehen könnte; vielleicht ein Ort für Künstlerstipendiaten“, sagt die Besitzerin des Hauses. 
Eine Moschee als Café
Die Gäste von Jäggi malten seinerzeit unter anderem die Terrasse mit Blick auf den markanten Berg Djebel Boukornine (Macke), Ansichten vom Strand (Moilliet) oder den Mondaufgang (Klee). Zudem besuchten die drei Künstler die Ruinen von Karthago sowie den Küstenort Sidi Bou Said. 
In zarten Aquarelltönen hält Klee später seine Eindrücke fest, während Moilliet bei dieser Reise meist nur mit dem Kohlestift skizziert. Macke hingegen wählt wie immer vorwiegend kräftige Farben. Sein in Azur, Orange und diversen Gelbvarianten gehaltenes, von schwarzen Linien akzentuiertes Gemälde „Blick auf eine Moschee“, eine Ansicht des heutigen „Café des Nattes“ im Herzen von Sidi Bou Said, ist das wohl berühmteste Zeugnis der gemeinsamen Tunesien-Reise des Künstlertrios ... 
Rita Henss
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