Indonesien

Verneigung vor den Steinen

Die Geister der Steine werden durch Gebete und Opfer gütig gestimmt.

Balis Nachbarinsel Lombok hat ihre ganz eigene Kultur

Entspannung unter Palmen: das Oberoi-Hotel im Nordwesten. Fotos: heu

Zur richtigen Zeit Regen und eine gute Reisernte: Dies erflehen die Bewohner der Insel Lombok alljährlich bei einer großen Zeremonie. Und sie blicken dabei erwartungsvoll zum Vulkan Rinjani. Der 3.726 Meter hohe Rinjani gilt als heiliger Berg, auf ihm wohnen die Götter.

Reis bedeutet für die Volksgruppe der Sasak, die 85 Prozent der Inselbevölkerung ausmachen, so viel wie Leben. Deshalb beten sie innig für eine gute Ernte und opfern in Palmblätter gewickelten Reis, um die Götter gütig zu stimmen. Und mit Göttern meinen die Sasak, die offiziell als Muslime gelten, nicht in erster Linie Allah – sondern ihre alten Naturgötter, die sie trotz islamischer Missionierung und Jahrhunderten der Fremdherrschaft durch Balinesen und Holländer niemals vergessen haben.

In der Tempelanlage Pura Lingsar beten Moslems und Hindus ebenso wie die Anhänger der Naturreligion Wetu-Telu. Gleich in der Nachbarschaft: Ein Tempel, in dem heilige Aale durch einen Teich schwimmen und in dem sich die Gläubigen vor grauen Felsbrocken verneigen. Mehr als zwanzig unterschiedlich große Steine, mit weißen Tüchern und gelben Bändern geschmückt, stehen in Reih und Glied. Nach dem Glauben der Wetu-Telu-Anhänger finden sich die Götter und Geister nicht im Himmel, sondern inmitten der Natur – in Bergen und Steinen, in Bäumen oder in Aalen.

Die Sasak leben traditionell in Holzhäusern, die auf Stelzen stehen, bedeckt mit Elefantengras und mit Wänden aus Bambus. Viele sind Reisbauern, andere fertigen Handarbeiten, weben und besticken Sarongs oder töpfern Schüsseln und andere Gefäße. „Die Mädchen fangen oft schon mit neun, zehn Jahren an zu weben. Denn auf Lombok muss ein Mädchen zuerst einmal weben können, bevor es ans Heiraten denken kann“, berichtet der Reiseleiter Agha Khan, selbst ein Musterbeispiel für die religiöse und kulturelle Vielfalt der Insel. „Ich bin Muslim, aber zu fünfzig Prozent glaube ich auch an die Naturreligion.“

Heiraten ist auf Lombok auch ein Thema für viele Touristen, die hier die Flitterwochen verbringen. Ein Hotel, das fast ausschließlich von Pärchen besucht wird, ist das Oberoi an der Nordwestküste. Der Ableger der indischen Luxushotelkette, der über eines der besten Spas der Insel verfügt, liegt am schneeweißen Medana-Strand. Die Zimmer und Suiten sind in luxuriösen, aber landestypisch gestalteten Villen untergebracht. Die Gebäude sind mit Reisstroh gedeckt – und verfügen meist über einen Privat-Pool.
Rainer Heubeck