China

Es grünt so grün

Blick vom 552 Meter hohen Victoria Peak auf die Stadt.

Hongkong ist nicht nur Hochhauswüste und Shopping-City, sondern auch Naturparadies

Besuch beim Tian Tan Buddha. Fotos: ds

Leise plätschernd tropft das Wasser vom Paddel, als das Kajak sich mitten durch den malerisch schroffen Felsbogen Wang Chau Arch schiebt. Sanfte Wellen schlagen gegen den Seepocken-überzogenen Granit. Seeadler gedeihen hier zwischen den vielen kleinen Inseln im Osten Hongkongs. Und quer übers Wasser sind Fischerdörfer zu erahnen, manche traditionell auf schwimmenden Plattformen.

Nur 20 Kilometer Luftlinie von Hongkongs trubeliger Innenstadt atmet die Region Ruhe. Die vulkanische Inselwelt zwischen dem Küstenort Sai Kung und dem großen High Island gehört zum „Hong Kong Global Geopark“. Grün gekrönte Klippen, Grotten, Felsformationen wie die „Teufelsfaust“ – wer nicht paddeln will, besucht sie per Motorboot oder per pedes.

Hongkong hat nur Hochhäuser? Von wegen. Was weltweit als „Hongkong“ gilt, ist nur das städtische Herz einer zerklüfteten Halbinsel und 262 Eilanden im Südchinesischen Meer. Von diesen 1.100 Quadratkilometern ist nur ein Viertel bebaut, der Rest ist Wald oder Sumpf, grüner Hügel oder einsame Bucht. Hier leben unzählige Schmetterlinge und sogar wilde Büffel. Und vor der Korallenbuchten der Küste tummeln sich rosa Delfine.

„Da hinten sitzt der Riesen-Buddha“, hatte eine kleine britische Dame im Stadtzentrum erzählt und aufgeregt in Richtung Westen gezeigt. Zum großen Lantau Island, das neben dem Flughafen auch Tian Tan Buddha beherbergt: den weltgrößten sitzenden Buddha – eine Seilbahn mit Glasboden verkürzt den Weg hoch auf den grünen Hügel, deshalb kommen auch Besucher in Flipflop oder Stöckelschuh. Doch spannender geht es über sich in die Landschaft schmiegende Wanderwege, das Erreichen des Buddhas ist umso süßer.

Im Norden hingegen, kurz vor der Grenze zu Festland-China, liegt ein Vogelparadies: Kormorane bevölkern knorrige Bäume, Löffelreiher waten durchs Flachwasser, unzählige Zugvögel verbringen hier die Winter. Hölzerne Pfade durchs Feuchtgebiet und Aussichtstürme mit Fernglas bringen sie ganz nah heran.

Ein krasser Kontrast zum engen Zentrum der Metropole, wo sich sieben Millionen Menschen auf die bergigen Ufer des Perlflusses konzentrieren. Viel Platz für Häuser ist nicht – kein Wunder, dass sie in die Höhe wuchsen. Doch selbst hier kommt die Natur nicht zu kurz: Der große Hongkong Park sorgt für Grün. Ebenso der Kowloon Park mitten im geschäftigen Viertel Tsim Sha Tsui – Heimat seltener Flora und Fauna und eines großen Flamingoschwarms.

Und mitten im Häusermeer der 552 Meter hohe Victoria Peak. Selbst für kühne Baumeister waren seine bewaldeten Hänge lange zu steil. Besucher trägt seit 1888 eine historisch klapprige Bergbahn hoch zur Aussichtsplattform. Auch zu Fuß geht es hinauf. Aber schöner noch ist der Spaziergang oben: Der „Peak Circle Walk“ gehört zu den malerischsten der Welt. Oder der langsame Abstieg durch schattigen Wald. Jede Kurve verspricht neue Ausblicke, rund vier Kilometer bis hinunter zum „Duftenden Hafen“ – dem Namensgeber von „Hong Kong“.
Dörte Saße
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