Dubai

Die Schokoseite der Wüste

Melkauftrieb: Über 3.400 Dromedare leben auf Dubais Kamelmilchfarm.

Zu Besuch auf der Kamelmilchfarm des Scheichs

Begehrt: Kamelmilch ist in den Supermärkten manchmal schon mittags ausverkauft. Fotos: ken

Dubai sieht in Umm Nahad im Südosten noch so aus wie vor 50 Jahren. Wüste, so weit das Auge reicht, jede Menge Kamele und ein paar Gebäude, und das gerade mal zehn Autominuten von der beliebten Outlet Mall entfernt. Hier produziert Camelicous, die Kamelmilchfarm des Herrschers von Dubai, Kamelmilch und daraus gefriergetrocknetes Pulver für Schokolade und Pralinen.

Gleichzeitig ist auf dem Gelände mit der ersten vollautomatischen Kamelmelkanlage der Welt Hightech zu finden. Das Unternehmen ist dem Deutschen Ulrich Wernery zu verdanken, dem Chefveterinär von Scheich Muhammad bin Raschid Al Maktum. Denn so sehr die Emiratis ihre Kamele lieben: Als vor 50 Jahren der Ölboom die Lebensgewohnheiten in den Vereinigten Arabischen Emiraten änderte, wurde auch Kamelmilch vom Speiseplan gestrichen. Jetzt ist sie wieder drauf.

Mehr als 3.400 Dromedare leben relativ frei auf dem riesigen Gelände der Farm. Die aggressiven Bullen sind separiert, die älteren Damen lassen sich gern mit Biomöhren füttern. Denn zu fressen gibt es auf der Farm nur das Beste. Schon von Weitem erkennen die Kameldamen die Marketing-Managerin Kirsten Lange und drängeln sich um die besten Plätze. Gleicht gibt es leckere Möhren und ein paar Streicheleinheiten.

Die Deutsche teilt die Liebe der Emiratis zu den Kamelen: „Wir pflegen eine innige Beziehung. Kamele sind so ganz anders als Kühe und leben in kleinen Gruppen von etwa 25 Tieren.“ Auch von den Besuchern lassen sie sich willig streicheln, hier aber wohl mit einem Hintergedanken: Sie haben es auf die Möhren abgesehen. Derweil traben die milchgebenden Kamele im sicheren Schaukelgang nacheinander ins Melkhaus mit 50 Zapfstellen, um nach ein paar Minuten schon wieder herauszukommen und zu ihrer Gruppe zurückzugehen.

Es ist nicht ganz einfach und billig, Kamelmilch zu produzieren und dann auch noch alle Normen zu beachten, damit sie in die EU eingeführt werden darf. Warum Dubai das auf sich genommen hat, erklärt ein weiterer Deutscher – Martin von Almsick, General Manager der Camelicous-Tochter Al Nassma, die Kamelmilchschokolade herstellt: „Kamelmilch enthält fünfmal so viel Vitamin C wie Kuhmilch, aber lediglich halb so viel Fett und hat einen hohen Kal‧zium- und Eisenanteil.“

Das sind nicht die einzigen Vorteile. Die leicht wässrig-salzig schmeckende Milch der genügsamen Wüstenschiffe ist schon im Naturzustand homogenisiert und extrem allergenarm. Die Gesundheitsversprechen überzeugen, Dubais Supermarkt-Regale sind manchmal schon mittags geleert, auch die Geschmacksrichtungen Schokolade, Dattel, Erdbeere und Safran sind dann kaum noch zu kriegen.

Nach dem Kamelbesuch gibt es für Touristen ein paar Schritte weiter einen edlen Showroom von Al Nassma. Die Klimaanlage arbeitet wacker, sonst würde ja auch die Schokolade schmelzen. „Wir lernen noch“, sagt von Almsick. „Eigentlich wollten wir mit einer Kardamon-Schokolade den Geschmack der Araber treffen. Aber sie bevorzugen die mit Macadamia, während Europäer und Japaner die Kardamon-Note lieben.“ Mit fast sechs Euro für einen 70-Gramm-Block bleibt die Schokolade aber wohl ein Luxusprodukt und ein rares authentisches Mitbringsel.
Karin Willen