Indonesien

Urlaub für die Ohren

Bei der Melasti-‧Zeremonie werden heilige Gegenstände gereinigt und Opfer dargebracht

Ganz Bali ruht am „Tag der Stille“

Mit schaurigen Figuren, den Ogoh-Ogoh, werden böse Geister gebannt. Fotos: hb

Morgen müssen sie Ruhe geben, so wie alle auf der Insel. Doch am Abend vor dem „Tag der Stille“, geben die Musiker der Gamelanorchester noch einmal Vollgas. Sie schlagen voll Inbrunst auf ihre Gongs, Trommeln und Glockenspiele. Für ungeübte Touristenohren klingt das, als fielen Töpfe, Pfannen und das komplette Geschirr einer Großküche krachend vom Himmel.

Doch nur so kann man wohl den finsteren Dämonen den Marsch blasen. Riesenfiguren aus Pappmaschee tanzen zu dem Lärm durch die Straßen, mit schrecklichen Gesichtern wie in einer Geisterbahn. Um sechs Uhr früh ist dann aber Zapfenstreich, und zwar konsequent: An Nyepi macht ganz Bali 24 Stunden lang Pause.

Nyepi, das balinesische Neujahr, wird am Tag nach dem Neumond zur Tag-und-Nacht-Gleiche im Frühling gefeiert und fällt 2015 auf den 21. März. Vorher pilgern die Dörfer für die Melasti-Zeremonie ans Meer: Tausende von Gläubigen bringen Opfer dar. „Figuren aus den Tempeln werden durch heiliges Wasser gereinigt. Auch wir selbst befreien uns so von negativen Gedanken und schlechten Einflüssen“, sagt Ida Bagus Swar Udiana, genannt Gusde.

Der junge Mann betreibt im Dorf Mas bei Ubud das „Haus der Brahmanen“. Er beherbergt auf seinem Anwesen und in einem kleinen Gästehaus Besucher, die nicht am Strand liegen, sondern die Kultur der Insel authentisch erleben wollen. Als Spross aus einer der wichtigsten Brahmanenfamilien der Insel darf Gusde seine Gäste nicht nur zu den Zeremonien am Meer bringen, sondern zeigt ihnen auch die Ogoh-Ogoh-Paraden: So werden die großen Puppen aus Bambus und Pappmaschee genannt, die Dämonen und Geister symbolisieren.

An Nyepi selbst müssen sich nicht nur gläubige Hindus, sondern auch Muslime und Besucher einen Tag lang an strenge Vorschriften halten. „Man darf weder reisen noch arbeiten. Es ist per Dekret des Gouverneurs verboten, Feuer zu machen und sich zu amüsieren“, erklärt Nyoman Wardawan vom Bali Government Tourism Office. Außer in Notfällen wird niemand auf der Straße geduldet.

Für die Einhaltung der Regeln sorgen die Pecalang, in schwarz-weiße Sarongs gekleidete Religionspolizisten. Radio und Fernsehen sind abgeschaltet, die Fähren stellen den Betrieb ein, und selbst der Flughafen von Denpasar wird geschlossen. In den Hotelanlagen dürfen sich Touristen frei bewegen. Doch die Zimmer werden abgedunkelt, und die Restaurants servieren Gerichte, für die man den Herd nicht anschalten muss.

„Gerade in unserer modernen Zeit ist die Pause zu Nyepi wichtig“, sagt Priester Ida Padanda. „Wir können reflektieren. Das neue Jahr beginnt man also rein und unbelastet.“ Außerdem lassen sich so auch die am Vorabend aufgeschreckten Dämonen täuschen. Sie glauben angesichts der Stille, dass Bali unbewohnt ist – und ziehen zur nächsten Insel weiter.

Helge Bendl

Bali spirituell
Aufenthalte im „Haus der Brahmanen“ sind bei Lotus Travel buchbar. Begegnungen mit hinduistischen Priestern auf Bali stehen auch bei Rundreisen von Neue Wege, A & E ‧Erlebnisreisen und SKR Reisen auf dem Programm.