Taiwan

Alles am Fluss

Ursprünglich: Feuchtgebiet an der Mündung des Danshui.

Nur wenige Stationen vom Zentrum entfernt zeigt sich Taipeh entspannt

Erholsam: Im Vorort Beitou gibt es zahlreiche Thermalquellen. Fotos: fh

Taipei 101, Palastmuseum, Nachtmärkte ... das Zentrum von Taipeh hat jede Menge gigantischer Sehenswürdigkeiten zu bieten. Doch die Metropole kann auch grün und ruhig sein, zum Beispiel in den Vierteln entlang des Tamsui River.

Gar nicht so lange her, da war Beitou im Nordwesten Taipehs noch ein Dorf am Fuße des Yangmingshan-Gebirges. Heute hat die Großstadt den kleinen Kurort längst eingeholt. In Sachen Atmosphäre hat sich trotzdem wenig geändert: Grün sind die Straßen von Beitou, rechts und links von Holzhäusern und Gärten gesäumt, in der Luft hängt noch immer ein Hauch von Schwefel. Auch die Passanten machen einen auffällig entspannten Eindruck. Logisch, denn mit großer Wahrscheinlichkeit sind sie entweder auf dem Weg zu oder dem Rückweg von den heißen Quellen, die hier an jeder Ecke aus dem Boden sprudeln.

Wer sich mit der öffentlichen Quelle im Park nicht anfreunden kann – zum Beispiel, weil man als Westler doch irgendwie auffällt –, dem bieten die meisten Hotels Zimmer mit eigenem Thermalpool, die man auch für zwei Stunden für einen privaten Badegang mieten kann. So wichtig sind die Quellen für den Ort, dass sie sogar eine eigene Schutzpatronin haben: die Tangshou Guanyin im Puji-Tempel. Normalerweise hat die Bodhisattwa mit Badevergnügen wenig am Hut, in Beitou jedoch gilt sie als „Beschützerin der Quellen“.

Passenderweise liegt die Hölle gleich um die Ecke: Die dampfenden Quellen des Geothermal Scenic Parks Beitou, kurz Höllental, lassen ahnen, wie es um die Plattentektonik des taiwanischen Untergrunds bestellt ist.

Einsam durch die Mangroven radeln – das klingt kein bisschen nach Großstadt. Die ersten Minuten führt der Golden ‧Riverside Cycling Path im Vorort Danshui (in der alten Schreibweise Tamsui) an der Mündung des gleichnamigen Flusses in der Tat durch urbanes Gebiet.

Doch dann biegt der Pfad ab in die Mangrovenhaine und taucht ein in die Welt der Fischer: Blaue und rote Boote dümpeln im flachen Wasser, Schlammspringerfische schauen glupschäugig aus ihren Schlammhöhlen, am Ufer vertreiben sich die Rentner die Zeit mit Kartenspielen. Und das alles keine halbe Stunde von Taipeh entfernt.

Zugegeben: Trubel ist auch hier nie weit: In der Tamsui Old Street drängen sich die Imbisse und traditionellen Geschäfte, die sogar für die jungen Taiwaner ziemlich exotisch sind. Ausländer ist man hier allemal gewöhnt: 1641 errichteten die Holländer in Danshui das Fort San Domingo, auch Hongmao Castle genannt – die „Burg der Rothaarigen“. Mit ein bisschen Glück ist gerade wieder eine Film-Crew unterwegs, der die Burg als Kulisse für historische Aufnahmen dient.

Zurück in die Stadt geht’s ab Fisherman’s Wharf per Boot über den Tamsui River. Für alle, die unbedingt einmal mit einer Bali-Reise angeben wollen, ist dies ebenfalls der richtige Ort: Wo sonst könnte man für wenige Euro nach Bali übersetzen? Dass es sich dabei um einen Stadtteil Taipehs handelt, muss man dann allerdings verschweigen.

Françoise Hauser

So kommt man hin
Beide Vororte sind mit der Linie 2 der Metro (MRT) erreichbar. Tamsui ist die Endstation (dort gibt es auch Mietfahrräder), in Beitou muss man nach Xinbeitou umsteigen.

Anzeige