Vietnam

Vietnam: Hupkakofonie und Hindutempel

Tänzerinnen vor den Ruinen des Cham-Heiligtums My Son

Tänzerinnen vor den Ruinen des Cham-Heiligtums My Son

Von Hanoi zu den Cham-Kultstätten im Dschungel  

Acht Millionen Menschen, fünf Millionen Motorroller: Hanoi

Acht Millionen Menschen, fünf Millionen Motorroller: Hanoi. Fotos: pa

Mitten im zentralvietnamesischen Dschungel liegt sie plötzlich da. Eine verwunschen wirkende Tempelstadt aus rostroten Ziegelsteinen. Das religiöse Zentrum einer über 1.000 Jahre währenden Hochkultur umschlungen von den Fängen der Natur. Mehr als 70 Heiligtümer im tiefsten Dornröschenschlaf. Das muss der französische Forscher Camille Paris gesehen haben, als er sich 1898 mit Einheimischen durch das Dickicht schlug.

Heute gondeln Elektroautos nach My Son, wo die Cham hinduistischen Gottheiten huldigten – Shiva, dem Zerstörer und Erneuerer, vor allem. Und dann erblickt man gepflegte Ruinen zwischen grasbewachsenen Kratern. Gerade zeigen Tänzerinnen vor den Trümmern der ehemals bis zu 24 Meter hohen Tempel eine Choreografie mit bunten Fächern.

Was in der Zwischenzeit geschah: Anfang des 20. Jahrhunderts befreiten französische Archäologen die mit Elefanten, Löwen und Wächterfiguren verzierten Tempel von den Pflanzen. Im Vietnam-Krieg nutzten Vietcong-Kämpfer die Kultstätte als Versteck. Fast 80 Prozent der Bauten wurden von US-Bombardements zerstört. 1980 begann die Restauration. 1999 erhielt My Son den Welterbestatus der Unesco.

Reist man zu den Kulturschätzen Vietnams, trifft man vielerorts auf die Spuren der Cham – oder auf die ihrer Gegenspieler. Das beginnt in Hanoi an der Zitadelle Thang Long, in der über Jahrhunderte die Dynastien des Nordens residierten, die sich schließlich als Dai Viet gegen die Chinesen im Norden und die Cham im Süden behaupteten.

Heute steht der zum Welterbe erhobene Kaiserhof inmitten der Acht-Millionen-Hauptstadt und ihrer Hupkakofonie von fünf Millionen Motorrollern: im Westen das Ho-Chi-Minh-Mausoleum, im Osten die Altstadt mit ihrem Kleinkapitalismus aus Garküchen, Kunsthandwerkern, Markenfälschern.

Unweit der Strände von Danang, wo 1965 die ersten US-Truppen landeten und jetzt Bautafeln von Tourismusprojekten künden, befindet sich das Cham-Museum. Tran Ky Phuong, bis zu seiner Pensionierung viele Jahre Kurator der Ausstellung, kennt jedes Relief und jeden Altar, lässt aber nicht den Schimmer von Überdruss erkennen, wenn er vom Aufstieg und ‧Niedergang des Champa-Reichs erzählt.

Die einstige Großmacht betrieb Handel mit Edelhölzern und Gewürzen, aber auch Seeräuberei im Südchinesischen Meer. Am Thu-Bon-Fluss gründeten die Cham den Ort Lam Ap Pho, der zum größten Handelshafen Südostasiens aufstieg und heute als die Welterbestadt Hoi An bekannt ist: Kaufmannshäuser, chinesische Versammlungshallen, Souvenirläden und viele Lampiongirlanden.

Etwa 40 Kilometer südwestlich davon erstreckt sich My Son. Nach Tagen des sintflutartigen Regens wölbt sich der Himmel hellblau über das Tal. Manche Ruinen sind für Aufbauarbeiten überdacht. Die Cham hatten die flachen Ziegel mit Baumharz verfugt – eine Bauweise, die in dem subtropischen Klima jahrhundertelang hielt und schwer zu rekonstruieren ist.

Pilar Aschenbach

Einstimmung und Buchung
Riesige Bronzetrommeln, Siegel aus purem Gold und der Nachbau eines Cham-Tempels: 400 Exponate von der Steinzeit bis zur Gegenwart präsentiert die Ausstellung „Schätze der Archäologie Vietnams“ bis zum 7. Januar 2018 in Herne, Chemnitz und Mannheim (www.vietnam-ausstellung.de). Der Partner Gebeco begleitet die Schau mit Reisebüro-Aktionen, Kundenabenden und der neuen Reise „Kulturschätze in Vietnam und Kambodscha“.

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