Dubai

Dubai: Wo alles begann

Bester Blick aufs Burj al Arab: Jumeirah Beach in Dubai

Bester Blick aufs Burj al Arab: Jumeirah Beach in Dubai. Foto: DCTM

Wie aus einem Dorf am Golf ein Ferienziel wurde

Eine halbe Stunde nach Einbruch der Dunkelheit sind nur noch die Träumer am Strand. Die, die im Stillen auf einer Liege oder im warmen Sand sitzen, auf den hellen Mond schauen, auf die Sterne warten – und darauf, dass das Burj al Arab in 400 Metern Entfernung im Minutentakt die Farbe der beleuchteten Teflonfassade zu wechseln beginnt. Darauf, dass sie erst in Orange, später in Violett und bald darauf in Grün erstrahlt.

Die anderen, die hier den Tag in der Sonne verbracht haben, sind bereits gegangen. Ein Vater hockt diesen Abend noch auf den Knien neben seinem kleinen Sohn ganz vorne im Sand. Sie bauen keine Burgen mehr wie früher, sie bauen Türme, ganz inspiriert von der Umgebung. Im Sand. Aus Sand. Verziert mit Steinchen und Muschelschalen. Und der Kleine ist offenbar der Ansicht, dass sein Tower nicht termingerecht zu Sonnenuntergang vollendet war und arbeitet nun bei Dunkelheit weiter – genau wie es sich für Dubai gehört.

Es ist der Strand, an dem alles begann: Jumeirah Beach. Hier stand das erste Küstenhotel Dubais. „Chicago Beach“ hieß es, war anfangs vor allem Quartier für Zugereiste, die mit der Ölindustrie zu tun hatten – und lag damals weit außerhalb des Stadtzentrums mitten im Nichts: als scheinbar sinnfreier Fixpunkt an einer willkürlich gewählten Stelle, wo die Wüste auf den Golf traf.

Die letzten 200 Meter Wüste bis zum Saum der Wellen nannten Fremde, die es hierher verschlug, „Strand“ und freuten sich daran. Sie lobten ihn als schön und lang und sauber. An den Strand gingen die Einheimischen allenfalls lange nach Einbruch der Dunkelheit, um ein Feuerchen zu machen, zusammen zu singen und zu plaudern.

Längst ist das „Chicago Beach“ abgerissen und durch das in unmittelbarer Nachbarschaft errichtete und erheblich größere Jumeirah Beach Hotel ersetzt. Wenig später folgte das Burj al Arab, 2004 dann der Madinat-Jumeirah-Komplex gleich nebenan. Betreiber ist jeweils die in Dubai ansässige Hotelgruppe Jumeirah, deren Name auf jenen Strand abhebt – und an der die Herrscherfamilie 99,67 Prozent der Anteile hält.

Spät in der Nacht ist es so still wie früher: nur das Rauschen des Meeres, gegen Morgen der eine oder andere Schrei eines Seevogels. Und das Knirschen der eigenen Schritte. Mehr als 50 Mitarbeiter sind für die Sauberkeit des Sandes zuständig, die erste Schicht beginnt morgens um fünf und entfernt Algen und Treibgut. Noch bevor die Sonne wieder aufgeht und den Horizont für Momente in milchig-rotes Licht tunkt, sind bereits wieder die ersten Jogger unterwegs.

Aus den Boxen einer Beach-Bar schallt bald Ravels „Bolero“, schnell planschen Kinder im Wasser, werfen sich Erwachsene Bälle zu, schwimmen Bade-nixen ihre Runden. Was am schönsten ist? Dass jeder dasselbe Lachen lacht, über alle Kulturgrenzen hinweg ein paar Urlaubstage lang dieselbe Freude am warmen Wasser, am Strand, auch an den Cocktails hat – egal, ob Araber oder Europäer, ob Russe, Amerikaner, Asiate. Im Urlaub und in den Sehnsüchten sind alle gleich – alle jedenfalls, die es sich leisten können, hier zu sein.
Helge Sobik