Cook-Inseln

Der fliegende Salon

Landeanflug mit Blick auf die Lagune.

In der Lagune von Aitutaki landeten einst die Flieger der Coral Route

Queen Manarangi deutet auf den alten Landungssteg.

Auf der Südsee-Insel Aitutaki legten die Flugzeuge einen Tankstopp ein.Fotos: mgk

Unwirklich blau leuchtet die Lagune. Doch das Interesse von Queen Manarangi gilt nicht diesen immerwährend strahlenden Blau- und Türkistönen, sondern ein paar alten Korallensteinquadern. Es sind die Überbleibsel eines Landungsstegs, der im Meer vor sich hin rottet. In den 1950er Jahren durfte sie als Kind ihren Vater hierher begleiten, wenn zweimal in der Woche ein Wasserflugzeug in der Lagune landete.

Dann war Akaiami, eine der kleinen unbewohnten Inseln des Aitutaki-Atolls, für kurze Zeit ein internationaler Flugplatz. In den zwei Stunden, in denen die Maschine aus großen Fässern neu betankt wurde, sorgten die Einheimischen für ein Picknick mit Hula-Tanzvorstellungen. Und nach dem Bad im Meer standen den Passagieren Süßwasserduschen und Handtücher zur Verfügung.

An welche Fluggäste sie sich noch erinnere Manarangi überlegt und sagt dann: „Da war so ein berühmter dicker Mann.“ Marlon Brando machte zwar auch auf Akaiami Station, war aber zu jener Zeit noch recht schlank. Der dicke Mann, der Manarangi im Gedächtnis geblieben ist, war der König von Tonga, für den man die Nachbarsitze aus dem Flugzeug ausbauen musste, damit er ausreichend Platz hatte.

Es war eine Zeit, in der Fliegen noch Luxus war – eine Luftkreuzfahrt im fliegenden Salon. Um die Mahlzeiten vom Unter- ins Oberdeck zu schaffen, gab es einen kleinen Speiseaufzug. Rauchen war in allen Kabinen gestattet, Waschraum und Toilette waren selbstverständlich, und es gab genügend Platz, um während des Fluges herumzulaufen. Solcher Luxus hatte auch damals seinen Preis. Für ein Flug-Ticket auf der legendären Coral Route von Auckland nach Tahiti war man die Hälfte eines durchschnittlichen Jahreseinkommens los.

Noch in den 1950er Jahren, als die neuseeländische Fluggesellschaft Tasman Empire Airways Limited (TEAL) zum ersten Mal die Inseln der Südsee auf dem Luftweg verband, mussten Lagunen die nicht vorhandenen Landepisten ersetzen. Doch bereits zehn Jahre später lösten moderne Jets die Flugboote ab. Drei bis vier Tage dauerte damals die Reise von Auckland (Neuseeland) über Suva (Fiji), Apia (West-Samoa), Aitutaki (Cook-Inseln) nach Papeete (Tahiti). Eine Strecke von 5.760 Kilometern, die heute Air New Zealand in nur sechs Stunden bewältigt.

Nicht weit vom ehemaligen Landungssteg entfernt betreibt Queen Manarangi heute eine kleine Privatpension (www.ginasaitutaki.com). Die Queen ist eine von vier Ariki. Sie sind die Inselchefs von Aitutaki. Regierungsgewalt haben sie zwar heute nicht mehr, jedoch würde sich keine Lokalregierung über ihren Rat hinwegsetzen. Für große Hotels, sagt die Queen, gäbe es auf der Insel nicht genügend Grundwasser. Land dürften ohnehin nur Einheimische kaufen und bauen dürfe niemand über Palmenhöhe hinaus.

Der ursprüngliche und unverdorbene Charme Aitutakis rührt vornehmlich daher, dass sich die Insulaner bislang wenig vom vermeintlichen Segen des Massentourismus mit seinen unschönen Begleiterscheinungen haben verführen lassen. So findet man zum Glück bislang hier noch keine jener großen Hotelketten, die blaue Lagunen für gewöhnlich so gerne flächendeckend mit Überwasser-Bungalows zupflastern.
Margit Kohl