Deutschland

Alles im grünen Bereich auf Föhr

Rast am Dorfteich: die Ortschaft Nieblum auf Föhr.

Rast am Dorfteich: die Ortschaft Nieblum auf Föhr. Foto: cd

Frühsommer auf der friesischen Insel

Der blendend helle Sand rieselt puderfein durch die Finger. Der Abend ist so lau, als wäre man in Fuerteventura und nicht auf Föhr. In trunkenem Farbentaumel geht die Sonne über der Südspitze von Sylt unter. Der Weißwein im „Haus des Gastes“ auf dem Deich wird zu kalt serviert, aber dafür ist das Glas nur halb so teuer wie auf der exklusiven Nachbarinsel. Nach Sylt fährt man, um gesehen zu werden. Nach Föhr reist, wer einfach abschalten will.

In den Bauerngärten büschelt der Flieder. Trecker rattern durch winzige Dörfer mit so putzigen Namen wie Alkersum, Wrixum oder Klein-Dunsum. Schwarzbuntes Rindvieh kaut gemächlich am saftigen Gras. Auf dem grünen Wall des Deichs sind Schafe als lebende Rasenmäher unterwegs. Manchmal sieht man noch Frauen in Friesentracht. Viereinhalb Meter misst der Rocksaum. Mit Dutzenden von Stecknadeln wird das seidene Schultertuch gefältelt. Bis dann noch das kunstvoll geschlungene Kopftuch sitzt und der Silberschmuck angelegt ist, vergehen Stunden beim Ankleiden.

Wer jedoch glaubt, dass Föhr allein der Tradition verhaftet ist, irrt gewaltig. Längst setzt man nicht mehr nur auf das gesunde Reizklima der Nordsee, sondern bietet Pauschalen mit Yoga, Massagen und Meditation ebenso an wie Therapien gegen Migräne und Burn-out. Statt schlichter Fremdenzimmer mit fließend kaltem Wasser finden sich auf Föhr exquisite Quartiere in gepflegten kleinen Landhotels oder Ferienhäuser von urig bis edel. In der Saison wird den Gästen nicht mehr nur das klassische Kurkonzert geboten, sondern anspruchsvolle Programme wie „Jazz goes Föhr“ oder den „Literatursommer“.

Neben der Badehose gehören freilich auch Gummistiefel und Friesennerz ins Gepäck. So ist man auch bei rauem Wetter gut gerüstet für lange Strandspaziergänge. Manchmal ist das Watt wie eine harte Piste aus geschwungenen hellen Sandrillen, manchmal tiefschwarzer Schlick, der weich durch die Zehen quillt.

Ganze zwölf mal sieben Kilometer misst die überschaubare Insel. Ein Mietrad reicht aus, um mobil zu sein. Nieblum, das schönste Inseldorf, bezaubert mit kopfsteingepflasterten Gassen unter den rauschenden Kronen mächtiger Ulmen. Kunstvoll geschnitzte Türen mit maritimen Symbolen finden sich an den alten Kapitänshäusern. Von hier aus geht es auf gepflegten Radwegen weiter ins adrette Inselhauptstädtchen Wyk. Am langen Strand stehen noch die hölzernen Badekarren, mit denen anno 1819 der Kurbetrieb begann. Heute lassen sich so zeitgemäße Wohltaten wie Thalassotherapien buchen. Und danach kann man auf dem Sandwall in kleinen, aber feinen Geschäften bummeln oder den Fischern beim Löschen des Fangs zusehen und dabei eine Tüte Krabben puhlen.

Claudia Diemar
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