Estland

Tallinn/Turku: Ungleiche Zwillinge

Kathedrale von Turku. Foto: Visit Finland

Die Kulturhauptstädte 2011 trennen nur 175 Kilometer

Nur 175 Kilometer Ostsee liegen zwischen den beiden Kulturhauptstädten Europas des Jahres 2011. Tallinn strahlt als Estlands Hauptstadt, Turku ist Finnlands älteste Stadt und Geheimtipp neben Helsinki. Die zweisprachige Stadt war immer eng mit Schweden verbunden, während Tallinns Blick zuletzt Richtung Moskau ging. Doch in diesem Jahr blicken die beiden Kulturhauptstädte einander über die Ostsee an.

„Stories of the Seashore“ heißt Tallinns Programm für 2011, Geschichten vom Meer (www.tallinn2011.ee). Die Stadt feiert ihren neuen Zugang zur Küste. Lange waren die Menschen von der Ostsee abgeschnitten, wer sich dem Wasser näherte, geriet unter Fluchtverdacht. Jetzt verbindet die neue, 46 Kilometer lange Kulturmeile die Innenstadt wieder mit der Ostsee – oder „Westsee“, wie die Esten sagen. Mehr als 150 „Stories“ sind im Kulturhauptstadtjahr geplant.

Ein Highlight ist das Strohtheater NO99: Aus 9.000 Strohballen erbaut, bietet es klassischen und modernen Stücken eine Bühne – bis es zum Jahresende feierlich in Flammen aufgeht. Hinzu kommen Ballett- und Opern-Festivals, moderne Kunst sowie Lieder-, Film- und Foto-Festivals. Und typisch Humoriges wie der Park, der einen Monat lang in Strickgraffiti verpackt wird. Oder murmelnde Verkehrsampeln voller Zen-Weisheiten gegen die Eile.

Schönste Gegensätze bietet Tallinns mittelalterlicher Stadtkern innerhalb der Ringmauer, seit 1997 Unesco-Weltkulturerbe: Esten spazieren in alten Kostümen, schmale Gässchen locken mit Kunsthandwerk und Cafés. Und mittendrin modernes Design, Laptops und Handys. Estland hat das Recht auf kostenlosen Internet-Zugang sogar in seiner Verfassung verankert. Nicht verpassen: Das preisgekrönte Kunstmuseum Kumu und den Turm der Olai-Kirche für einen grandiosen Rundblick.

Auf der anderen Seite der Ostsee lautet der Leitsatz für 2011 „Turku in Flammen“ (www.turku2011.fi). Voller Stolz, „Euroopan Kulttuuripääkaupunki“ zu sein, realisieren auch die Turkuer rund 150 Projekte. Internationale Spitzenkünstler treffen auf lokale Stars, Großveranstaltungen wechseln ab mit kleinen Begegnungen und Erlebnissen.

Kultur wartet in Turku tatsächlich hinter jeder Ecke, Alt und Neu liegen in Finnlands einziger wirklich mittelalterlichen Stadt dicht beieinander. Ausgerechnet beim Bau des Kunstmuseums stießen die Arbeiter auf Stadtreste aus dem 14. Jahrhundert – heute sind moderne Kunst und Mittelalter-Funde kombiniert im Museum Aboa Vetus & Ars Nova zu sehen.

Frisches finnisches Design zeigt sich im Ilmiö Design Zentrum, und auch ihrem Ruf als etwas schräge Kulturschaffende machen die Finnen alle Ehre: Beim „Accordeon Wrestling“ verbindet Kimmo Pohjonen Schifferklavierklänge mit Kampfsport. Im „Cirque Dracula“ zeigen die weltbesten Zirkuskünstler atemberaubende Akrobatik. Und das „1827 Infernale Musical“ thematisiert zu Heavy-Metal-Klängen das Feuer in Turku vor zwei Jahrhunderten, als die Stadt fast bis auf die Grundmauern niederbrannte.

Wer sich entscheiden muss, welche Kulturhauptstadt er erobert, hat es angesichts der ambitionierten Programme links und rechts der Ostsee schwer – am besten also gleich beide besuchen.

 

Ausgewählte Angebote

Dr. Tigges: zehntägige Studienreise „Schweden, Finnland, Baltikum – Kulturhauptstädte 2011“
Intercontact: einwöchige Rundreise „Finnland & Estland“ ab/bis Düsseldorf zu Europas Kulturhauptstädten und nach Helsinki
Fintouring: viertägige Rundreise „Kulturhauptstädte treffen Design-Hauptstadt“ von Helsinki nach Turku und Tallinn
TUI Wolters: einwöchige Busrundreise nach Turku, Tallinn und Helsinki

Anke Benstem/Dörte Saße
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