Polen

Astronomische Spuren

Vom Glockenturm bietet sich ein weiter Blick auf den Dom und zum Frischen Haff.

Unterwegs in den Kopernikus-Städten Thorn und Frauenburg

Das Kopernikus-Denkmal auf dem Altmarkt, dem schönsten Platz von Thorn. Fotos: aze

Die altehrwürdige Schöne an den Ufern der Weichsel wäre auch ohne ihren berühmtesten Sohn eine Reise wert - aber als Geburtsort des großen Astronomen Nikolaus Kopernikus lockt Thorn noch mehr Besucher in seine Mauern. In der im 13. Jahrhundert von den Deutschordensrittern gegründeten Stadt haben sich viele gotische Kunst- und Architekturdenkmäler erhalten. Grund genug, um die Altstadt in die Reihe des Unesco-Kulturerbes aufzunehmen.

Am besten nähert man sich Thorn von der linken Weichselseite, um das Panorama zu bewundern. Da spiegeln sich Stadtmauern, Türme, Tore, trutzige Speicher und die noch immer eindrucksvollen Überreste der Deutschritterordensburg im Fluss. Das macht am Tag mächtig was her - bei Nacht aber, wenn die markantesten Kirchen und Gebäude angestrahlt werden, scheint das Ensemble über der Weichsel zu schweben.

Auf geht's, hinein in die Altstadt zum Altmarkt mit seinen gotischen und barocken Gebäuden, Bürgerhäusern und Palais und dem mächtigen Altstädter Rathaus. Davor plätschert unter Bäumen der reizende Flößerbrunnen mit einem Geige spielenden Knaben, der von Fröschen umringt wird. Er soll mit seinem Spiel die Froschplage in der Stadt beendet haben.

Hier, auf dem schönsten Platz der Stadt, kommt auch das Kopernikus-Denkmal bestens zur Geltung. Mit seinem "heliozentrischen Weltbild" versetzte der Astronom sozusagen die Erde in Bewegung. Heute weiß das jedes Kind: Die Erde dreht sich im Jahreslauf einmal um die Sonne - und jeden Tag um die eigene Achse. Zu Zeiten von Kopernikus stellte das offizielle Weltbild aber noch immer die Erde in den Mittelpunkt allen Geschehens.

Auf den Spuren des Kopernikus kommt man zur St. Johannes-Kirche, wo der 1473 geborene Nikolaus getauft wurde - das bronzene Taufbecken ist im rechten Seitenschiff zu finden. Und auf der Kopernika-Straße mit ihren schönen Bürgerhäusern ist in den stattlichen Gebäuden Nr. 15. und 17 das Kopernikus-Museum untergebracht. Beide Häuser gehörten den Eltern des Astronomen.

Aber noch etwas hat Thorn in aller Welt berühmt gemacht: die Lebkuchen, deren Rezepte bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Und wie könnte es anders sein, heißt die einzige Feinbackwarenfabrik, die die große Thorner Lebkuchentradition mit Originalrezepten fortführt "Kopernik".

Die nächste Lebensstation des neben der Astronomie auch in Medizin und Recht ausgebildeten Renaissance-Gelehrten führt ans Frische Haff nach Frauenburg (Frombork), unweit der russischen Exklave Kaliningrad (Königsberg). Nur einen Steinwurf hinter den Gestaden der Ostsee erhebt sich der Domhügel mit seinen berühmten Baudenkmälern: der mittelalterliche Dom, die Bischofspaläste, die Domherrenhäuser und die Wehranlage mit Türmen und Basteien. Hier lebte Kopernikus von 1517 bis zu seinem Tod 1543. Nach Frauenburg kam er durch seinen Onkel, den Fürstbischof vom Ermland, der dem Jungen eine hervorragende Ausbildung ermöglichte.

Der Dom beherbergt neben zahllosen Kunstschätzen auch eine großartige Barockorgel. Bei all den Ausstellungen auf dem Domhügel rund um den Astronomen und dem Planetarium, ist es doch verlockend auf den Glockenturm zu steigen, um die Wehr- und Kirchenanlage aus luftigen 70 Metern Höhe zu betrachten. Auch reicht der Blick weit über das Frische Haff hinein.

Vom Domhügel lohnt es sich, zum winzigen Hafen hinunterzuschlendern. Dort bietet der kleine Laden die allerleckersten Räucherfische. Hier in der würzigen Meeresluft aus der Hand eine Portion Heilbutt oder Schillerlocken zu verspeisen - das bleibt garantiert in bester kulinarischer Erinnerung.
Monika Zeller