Schweiz

Der billige Jakob

Der Fluss Doubs bei Les Brenets.

Der Jura gilt als günstigste Ecke der Schweiz – eine Probe aufs Exempel

Im Jura ist der Franken noch etwas wert. Fotos: cd

Nirgendwo in Helvetien, so hatten Freunde erzählt, könne man so preiswert Urlaub machen wie im Jura. Da gebe es noch Ecken, wo der Café crème für einen einzigen Schweizer Franken und das Glas Wein für einen Zweifränkler zu haben sei. Also nichts wie hin in den wilden Westen der Eidgenossen.

Erste Station ist Le Locle im Watch Valley, wo wunderbare Zeitmesser gefertigt werden, die hier aber keine Rolle spielen sollen, weil ihre Preise uns die Tränen in die Augen treiben würden. Aber einen Besuch im schönen Musée d'Horlogerie können wir uns leisten. Den Aperitif nehmen wir später im Café du Marché, wo es ein Trio hausgemachten Gerstensaftes aus der eigenen Brasserie für eine Fünffranken-Münze gibt.

Anschließend geht es zum Abendessen ins Restaurant Le Moka an der Hauptstraße. Der Patron empfiehlt Roastbeef mit Sauce Tartare, dazu Pommes frites und Salat für zwanzig Franken. Das Diner ist schmackhaft, die Atmosphäre gemütlich-familiär. Wir übernachten in der ehemaligen Uhrenmanufaktur Maison Du Bois von 1785. Die sechs Gästezimmer sind äußerst geschmackvoll eingerichtet. Mit opulentem Frühstück macht das einhundertvierzig Franken zu zweit pro Nacht. In etwas schmalerer Bettversion wäre das Ganze um dreißig Franken weniger zu haben gewesen. Gemessen an Komfort und Charme ein prima Preis-Leistungs-Verhältnis.

Aber es geht noch günstiger. Das "Café du Soleil", Gasthof, Kunstgalerie und Bühne für Life-Jazz in Saignelegier wird von einem Kollektiv geführt. Die patente Serviertochter trägt ein schmissiges "Born for the Revolution" als Losung auf dem T-Shirt. Wir bestellen Gateau au Fromage mit grünem Salat für 16 Franken. Das eher nüchterne Zimmer ist mit 120 Franken inklusive Frühstück für zwei Personen aber kein Schnäppchen.

Im Hotel du Doubs in Grenzort Goumois kann man dagegen schon ein Doppelzimmer ab 65 Franken haben - allerdings mit Dusche und Toilette im Flur. Dafür ist die Lage am smaragdgrünen Flüsschen ebenso bestechend wie die frische Forelle für schlanke 17,20 CHF.

Den günstigsten Wein haben wir übrigens im Anarchisten-Treff in Saint-Imier getrunken: 2,30 Franken kostete das Glas im Espace Noir, kam jedoch aus der Fünfliter-Vakuum-Box. Ungefragt bringt der Kellner mit Dreadlocks und Piercings dazu einen Teller mit selbstgebackenem Cheesecake als Gratisappetithappen. Und die junge Dame in Anarcho-Schwarz am Nachbartisch hat noch einen Tipp, wie das Jura-Studium am günstigsten geht: Tanken in der Schweiz, Übernachtung und Essen in Frankreich.

Wir recherchieren: Jenseits der Grenze von Les Verrieres, unterhalb des Chateau de Joux, kostete das Mittagsmenü in der einfachen Auberge 7,50 Euro und das Doppelzimmer 38 Euro. Den Kaffee im Wert von einem Franken haben wir jedoch weder hüben noch drüben gefunden.
Claudia Diemar
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