Dänemark

Von Hummerfischern und Schnapsbrennern

Noch heute gibt es etwa 100 Fischer in der Region.

Unterwegs entlang des Limfjords und auf den Fjordinseln

Nationalstolz: weißes Kreuz auf rotem Grund am Holm eines Segelbootes im Hafen von Stenore. Fotos: hs

Das Kinderspielzeug wartet in der Sandkiste auf den nächsten Sommerausflug von Bente, Christer, Annika und Rasmus ins Ferienhaus. Die Namen stehen in blauer Farbe auf dem Schild neben der Haustür. Den Nachnamen hat die Familie einfach weggelassen. Er ist unwichtig in Dänemark.

In der Zwischenzeit „gehört“ das Haus am Limfjord anderen, die es für ein paar Tage gemietet haben. Sie dürfen Sandkiste und Spielzeug mitbenutzen. Bente, Christer, Annika und Rasmus haben nichts dagegen – auch nicht die Hasen, die aus 30 Meter Abstand zuschauen und neugierig im hohen Gras Männchen machen. Nur die Reiher sind weniger gesellig und verlassen ihre Wachtposten im Schilf eilig, wenn ihnen ausnahmsweise einmal jemand zu nahe kommen sollte.

Die Landschaft am Limfjord, der das nördliche Drittel Jütlands vom Süden abtrennt, ist lieblicher als an den Meeren. Windschiefe Baumreihen zerteilen die endlosen Weiden. Kühe grasen hinter blühendem Flieder. Das Gelb der Wiesenblumen verliert sich im Blau des Sommerhimmels. Sanfte Hügel wechseln sich mit weiten Ebenen ab. Und sogar richtige Berge gibt es ab und zu – für dänische Verhältnisse. Sie sind bis zu 30 Meter hoch.

Es war die letzte Eiszeit vor etwa 15.000 Jahren, die die Region modelliert und diesen rund 160 Kilometer langen und bis zu 25 Kilometer breiten Fjord geschaffen hat. In den Wintermonaten kommen die Wellen manchmal, nagen zum Beispiel an der Steilküste bei Spottrup, holen sich Tannen, nehmen im Sturm mit, was sie bekommen können. Jedes Mal rückt der Limfjord den Ferienhäusern oben auf dem Kliff wieder ein kleines Stückchen näher. Im Sommer gibt er Ruhe, ist meist friedlich wie ein See, spiegelglatt, viel stiller als die nahe Nordsee.

Dänisch ist in den Siedlungen am Fjord, anders als in den Ferienorten entlang der Nordseeküste, selbst im Hochsommer die meistgesprochene Sprache. Hier machen mit Vorliebe die Dänen selber Urlaub – weil man selten Sand in die Augen gepustet bekommt. Weil das Wasser ein paar Grad wärmer ist als in der Nordsee. Weil vor allem die Steilküstenstrände vergleichsweise einsam sind. Weil die Nebenstraßen schmal, kaum befahren und ideal für Freizeitradler sind.

Die Leute aus Aalborg, Esbjerg und Kopenhagen kommen meist nur an den Wochenenden in ihre Häuser. So lange müssen ihre Ruderboote auf sie warten, liegen hoch auf den Strand gezogen ein paar Dutzende Meter von den Terrassen – oder die Ferienhausmieter benutzen sie mit. Linienfähren verbinden die Inseln im Limfjord wie Busse – Vorausbuchung nicht möglich. Wer vorne in der Schlange steht, darf an Bord, wenn die Rampe herunterklappt – so lange, bis das Schiff voll ist. Auf manche dieser auf Dänisch „Limfjordbussen“ genannten Schiffe passen nur ein paar Wagen. Andere haben Platz für ein paar Dutzend Fahrzeuge und pendeln alle paar Minuten.

Weniger als 100 Berufsfischer mit etwa 50 Kuttern gibt es auf dem Limfjord noch. Sie fahren bei gutem Wetter am Vormittag heraus, bleiben ein, zwei Nächte auf See. Hauptsächlich fangen sie Scholle, Hering, Aal und seit wenigen Jahren auch wieder Seezunge – ebenfalls ein sehr gutes Zeichen für die Wasserqualität. Oder sie spezialisieren sich auf Muscheln. Tausend Kilo pro Boot und Woche gesteht ihnen die Quotenregelung innerhalb eines begrenzten Zeitraumes zu. Auch Fjord-Austern sind dabei.
Helge Sobik