Portugal

Radeln über Lissabons Mosaike

In der Stadt stößt man ständig auf die berühmte Lissabonner Pflasterkunst

Die Hauptstadt auf dem Sattel entdecken

Mit dem Elevador do Carmo geht es in die Oberstadt

Am Ende der Radtour wartet die Praia do Guincho. Fotos: ah

Wir stehen am nördlichen Ende des Park Eduardo VII. und blicken auf Lissabon. In der Ferne erspähen wir den breiten Tejo. Etwas unsicher drehen wir auf dem glattgewaschenen, weißen Kopfsteinpflaster eine erste Runde mit den Leihrädern. Dann rollen wir los und folgen unserem Guide Ana – seicht bergab Richtung Innenstadt.

Ana hält am Praca Marques de Pombal. Der Platz ist von einem riesigen Verkehrskreisel umgeben. In der Mitte steht die 36 Meter hohe Statue des ersten Marquis von Pomba, die seit 80 Jahren von Abgasen eingenebelt wird. Der Platz wird für Demonstrationen, aber auch für Festivitäten genutzt. Fans von Benfica Lissabon feiern dort Turniersiege oder Meisterschaften. „Allerdings gab es in den letzten Jahren kaum etwas zu feiern“, bedauert Ana.

Über die von prächtigen alten Bäumen gesäumte Avenida da Liberdade geht es an protzigen Botschaftsgebäuden vorbei. Wir fahren nicht auf der Straße, sondern nutzen die schwarz-weiß mit Blumenmotiven gepflasterten Gehwege. Und sogleich macht uns Ana auf die berühmte Lissabonner Pflasterkunst aufmerksam. Bald erreicht die Gruppe den riesigen Platz namens Rossio, der eigentlich Praca Dom Pedro IV. heißt. Er ist der wichtigste Verkehrsknotenpunkt der Stadt und zugleich ein beliebter Treffpunkt für die Einheimischen. Auf der Mitte thront König Dom Pedro IV. – als Denkmal auf einer Säule.

Unsere Gruppe hat das Herz der Altstadt erreicht. Wir radeln zur Igreja de Sao Domingos in der Rua Dom Antao de Almada. Das von außen schmucklose Gotteshaus brannte 1959 fast komplett aus. Bei der Renovierung wurden die Brandspuren erhalten. Das Kircheninnere wurde dunkelrot gestrichen, was laut Ana an das verheerende Feuer erinnern soll. Nach dem Kirchenbesuch schenkt unser Guide Ginjinha aus. Der süße Kirschlikör ist eine Lissabonner Spezialität. Wir bedienen uns maßvoll. Denn der Likör hat acht Prozent Alkohol und wir wollen noch weiter radeln.

Weiter geht die Tour durch die Fußgängerzone, wo der nächste kulinarische Höhepunkt wartet: salziger, getrockneter Kabeljau. Laut Ana existieren 365 Rezepte, um den Trockenfisch zuzubereiten. Heute stammt der Kabeljau nicht mehr aus portugiesischen Gewässern, sondern wird aus Neufundland importiert.

Im Stadtteil Baxo mit vielen Nobel-Boutiquen passieren wir den berühmten Elevador de Santa Justa, im Volksmund auch als Elevador do Carmo bekannt. Der 45 Meter hohe Lift stammt von 1902 und ist eine luftige Verbindung mit dem Stadtteil Chiado. Die einfache Fahrt kostet fünf Euro. Von oben bietet sich eine der schönsten Aussichten über Lissabon.

Am Praca do Comercio erreicht die Radgruppe den Rio Tejo. Wir radeln am Flussufer gen Westen, ‧passieren coole Hafenkneipen und Luxusimmobilien mit Blick auf die Bucht. Der Wind vom nahen Atlantik bläst uns um die Nase.

Wir halten unter der Ponte 25 de Abril und genießen den Blick auf die Stadt. Über uns donnert der Verkehr über die 3,2 Kilometer lange Hängebrücke aus dem Jahr 1966, die optisch eine Zwillingsschwester der Golden Gate Bridge ist. Sie verbindet den Lissabonner Stadteil Alcantara mit dem Ort Almada.

Wir nähern uns Belem, wo die wichtigsten Sehenswürdigkeiten Lissabons nur einen Steinwurf voneinander entfernt sind. In dem sieben Kilometer entfernten Stadtteil liegt das Mosteiro dos Jeronimos. Das Kloster im spätgotischen Stil bietet einen der schönsten Kreuzgänge der Welt. Zum Pflichtprogramm gehört zudem die Besteigung des Torre de Belem, der im Rio Tejo steht und über eine Zugbrücke erreicht wird.

Zuckersüß endet die Tour. Neben dem Kloster verkauft eine Konditorei die berühmten Pasteis de Belem, mit Pudding gefüllte Blätterteigtörtchen. Die Leckerei soll bereits im 18. Jahrhundert von den Mönchen des Hieronymusklosters hergestellt worden sein.

 

Kostenlos radeln
Wer in Lissabon nicht genug geradelt ist, kann im ehemaligen Fischerdorf Cascais außerhalb der Hauptstadt kostenlos Fahrräder mieten. Von dem noblen wie malerischen Küstenort geht es immer an der pittoresken Steilküste in zehn Kilometern nach Guincho. Die Gegend ist ein Surfer-Paradies, lockt mit versteckten Buchten, sehr guten Fischrestaurants, Dünenlandschaften und breiten Stränden. Die Räder gibt’s direkt am Bahnhof in Cascais. Die Zugfahrt von Lissabon dauert 50 Minuten.

Arne Hübner