Schottland

Isle of Skye: Wenn der Nebel sich lichtet

Unterwegs auf der Wolkeninsel in den Highlands

Wir kriechen im Schneckentempo über die Landstraße. Der Nebel ist so dicht, dass wir keine zwanzig Meter weit schauen können. Rechter Hand hat sich irgendwo das Meer versteckt, links der Gebirgszug. Wir sind mit dem Auto auf der A855 unterwegs, der Landstraße, die sich von der Inselhauptstadt Portree um die Trotternish-Halbinsel im äußersten Nordosten der Isle of Skye zieht. 
Vor dem Tante-Emma-Laden an der Staffin Bay halten wir an, um zu beratschlagen. Denn eigentlich wollten wir wandern gehen in dem Felslabyrinth des Quiraing. Aber bei dem Nebel ... Wir hoffen auf guten Rat von Einheimischen. Im Superlädchen holen wir uns – very british – erst einmal einen Tee. „Könnte sein, dass der Nebel in den nächsten paar Stunden verschwindet – vielleicht aber auch nicht“, sagt die Dame mit pakistanischen Wurzeln. Nun gut.
Ein Auf und Ab aus gedeckten Farben
Mein Reisegefährte schlägt vor, zumindest bis zu dem Pass zu fahren, wo die Wanderung starten soll. Einen Augenblick später schrauben wir uns bei strahlendem Sonnenschein mit dem Auto die Serpentinen hinauf, schauen zurück auf die Nebelbank, die sich wie ein Schal um die Küste gelegt hat. Vor uns eine Hobbit-Landschaft, ein Auf und Ab aus Grün und Braun, Grau und Schwarz, aus blankem Fels und Wiese, Moor, Schafen, darüber der blaue Himmel.
Wie eine gewaltige Klippe zieht sich der Trotternish-Gebirgszug parallel der Küste entlang. Er entstand durch einen Erdrutsch, bei dem die Landmasse nach unten wegsackte und die Felsen stehen blieben. Der Quiraing ist der fantastischste Teil dieser spektakulären Bergwelt, unser Weg führt uns zu Felsformationen, die Namen wie The Prison und The Table tragen. 
Auf schmalen Pfad geht es hinauf auf die Klippen. Der Blick ist grandios und dürfte zu den schönsten auf der an schönen Blicken nicht armen Isle of Skye zählen. Zu unseren Füßen die Felsen, die braune, mondähnliche Moorlandschaft, ein kleiner See glitzert in der Sonne, dahinter grüne Weiden, goldener Strand, das tiefblaue Meer. Einzelne Nebelbänke haften noch immer in den Buchten. Weiter hinten sind die Gebirgszüge des Festlandes zu sehen.
Auf der Rückfahrt passieren wir den Old Man of Storr, das Wahrzeichen von Skye, eine spitze Felsnadel, die in schrägem Winkel in den Himmel ragt. In einer Dreiviertelstunde kann man hochlaufen. Wer möchte, kann auch hier eine Rundwanderung machen, die nicht weniger spektakulär ist als die im Quiraing.
Tea Time in Portree
Doch das verschieben wir auf einen anderen Tag. Wir wollen heute noch Portree erkunden. Das sympathische 2.300-Einwohner-Städtchen besticht mit einer pittoresken Häuserzeile am Hafen, rosa, blau, erbsengrün, gelb und weiß spiegeln sich die Häuserfronten auf der Wasseroberfläche wider. Vor dem Fish & Chips-Shop stehen die Leute Schlange. 
Nach einem Bummel durch den hübschen Ortskern mit einem kleinen Supermarkt sowie zahlreichen Souvenir-Shops und Outdoor-Läden landen wir im bunten Café Arriba und ergattern einen Platz an einem der runden Holztische am Fenster mit Blick auf den Hafen und die Bucht. Dazu gibt es Tee, Apple Pie und Scones. Five o’clock ist schließlich Tea Time, auch in Schottland. 
Julia Treuherz
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