Spanien

Menorca: Prähistorisches Erbe

Einsam in der Landschaft: die archäologische Stätte Naveta des Tudons

Einsam in der Landschaft: die archäologische Stätte Naveta des Tudons. Foto: cd

Die bronzezeitlichen Monumente der Baleareninsel sind einzigartig

Opfertisch? Stiersymbol? Altar oder Stützpfeiler längst eingestürzter Gebäude? Keiner weiß, was die „Taulas“ aus der Bronzezeit zu bedeuten haben. Wie bizarre Skulpturen stehen die steinernen Denkmäler in der Form eines riesigen T mitten in der Landschaft. Fest steht: Die Taulas von Menorca sind einzigartig. Man findet sie an keinem anderen Ort der Welt.

„Menorca hat die höchste Dichte an archäologischen Stätten im gesamten Mittelmeerraum“, erklärt Archäologin Elena Sintes Olives. Etwa 1.400 davon sind als wertvoll eingestuft, das macht im Durchschnitt zwei Fundorte pro Quadratkilometer. Mit 32 Monumenten hat sich Menorca für dieses Jahr bei der Unesco um die Anerkennung als Weltkulturerbe beworben – die Entscheidung wird im Juni fallen.

Menorca, so heißt es oft, sei steinreich. Wie harte mineralische Adern durchziehen Bruchsteinmauern die gesamte Insel. Steinreich ist Menorca aber vor allem, was sein prähistorisches Erbe angeht. Manche dieser Stätten sind kaum zu übersehen, liegen direkt neben der Straße.

Die Naveta des Tudons nahe Ciutadella ist ein solches Bauwerk. Grobe Quader sind in der Form eines gigantischen, umgedrehten Schiffrumpfes aufgeschichtet. Die Naveta, deren Errichtung man um 1.400 vor Christus datiert, diente als Gemeinschaftsgrab. Die Gebeine von mehr als 100 Menschen wurden hier gefunden, ferner Grabbeigaben wie Schmuck und Speerspitzen aus Bronze, Knochen und Stein sowie Gefäße aus Keramik.

Von der Straße geht man wenige Minuten durch die Landschaft, aus der sich die Naveta einsam auf einer Plattform aus Kalkstein erhebt. Das Grabmal gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke der europäischen Vorgeschichte und ist deren bekanntestes Beispiel auf den Balearen.

Manche der prähistorischen Schätze findet man wie zufällig am Wegrand bei Wandertouren. Der Cami de Cavalls, was so viel wie Pferdeweg heißt, diente einst als Patrouillenweg rund um die Insel. Heute sind daraus 165 Kilometer Wanderweg in zwanzig Etappen geworden. Der Pfad führt von einer pool-blauen Bucht zur anderen.

Menorca hat herrliche und selbst im Hochsommer nur an wenigen Stellen überlaufene Strände zu bieten. Grabhöhlen, Brunnenanlagen, Dolmen oder eine frühchristliche Basilika liegen oft nur einen Steinwurf vom Strand entfernt. Die meisten Monumente sind frei zugänglich. Nur wenige kosten eine kleine Eintrittsgebühr. Der größte Reiz der prähistorischen Stätten liegt in ihrer Einbettung in die Landschaft.

Müsste man sich, neben der leicht zu erreichenden Naveta des Tudons, für den Besuch einer einzigen anderen Fundstätte entscheiden, so sollte es die von Torre d’en Galmes sein. Das riesige Areal war vermutlich die wichtigste Siedlung der Blütezeit der Talayotkultur zwischen 1.300 und 123 vor Christus. Acht Türme und verschiedene Wohnanlagen verteilen sich in der Landschaft. Selbst steinerne Hütten für Wachhunde lassen sich hier entdecken. An diesem Ort hat einst auch Elena Sintes beschlossen, Archäologin zu werden …
Claudia Diemar
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