Frankreich

Cote d‘Azur: Grande Nation, grande Cuisine

Das Musée Escoffier bei Nizza beschäftigt sich mit der Geschichte der französischen Gastronomie

Das Musée Escoffier bei Nizza beschäftigt sich mit der Geschichte der französischen Gastronomie. Fotos: cd, Musée Escoffier

Das Musée Escoffier in Villeneuve-Loubet ist das einzige gastronomische Museum in Frankreich

Schnapp dir deine Erdbeere“? Heißt so viel wie in die Gänge kommen. Das „Herz einer Artischocke“ haben? Meint, dass da jemand sehr dünnhäutig ist. Und wenn die „Karotten gekocht sind“, reicht es allmählich mal! Sie verstehen nur Bahnhof? Kein Wunder, denn dies sind alles französische Sprichwörter, die, wie viele andere Merksätze in unserem Nachbarland, etwas mit Essbarem zu tun haben. 

2010 hat die Unesco das gastronomische Mahl der Franzosen in den Rang eines immateriellen Kulturerbes der Menschheit erhoben. Trotzdem findet sich in der gesamten Grande Nation nur ein einziges Museum zur Esskultur, und zwar in dem kleinen Ort Villeneuve-Loubet, etwa 15 Kilometer westlich von Nizza.

Villeneuve-Loubet ist ein eigentümlicher Ort. Er ist sozusagen zweigeteilt. Unten am Meer, in der Marina Baie des Anges, rund um den Sporthafen mit den Yachten, recken sich vier blendend weiße Gebäudepyramiden ins Himmelsblau. Sie sind der futuristisch-kühne Entwurf einer Ferienstadt, die von 1969 bis 1993 errichtet wurde. Das Werk des Architekten André Minangoy wurde inzwischen zum nationalen Architekturerbe erklärt.

Gleich daneben liegen die Strände mit einer schönen Promenade dahinter, von der die Parkanlagen entlang des Flusses Le Loup abzweigen und sich hügelan ziehen. Denn das eigentliche, bis auf das Mittelalter zurückgehende und äußerst charmante Dorf liegt vier Kilometer landeinwärts. Der kleine Fluss bildet die Verbindung zwischen Moderne und Historie.

In diesem Dorf wurde im Jahr 1846 Auguste Escoffier geboren. Bereits mit 18 Jahren war er Chefkoch im Bellevue zu Nizza, leistete den Militärdienst als Chef de Cuisine beim französischen Generalstab ab, kochte später in Spitzenhäusern in Paris, London und Monte Carlo. Es war ein enger Freund des legendären Hoteliers Cesar Ritz und erfand Küchenklassiker wie flambierten Hummer, Birne Helene und Pfirsich Melba. 

„Eine gute Küche ist die Grundlage des wahren Glücks“, lautete sein Credo, das sich etwa in seinem Standardwerk „Guide culinaire“ findet. Escoffier war nicht nur ein begnadeter Chef, sondern zudem ein genialer Didaktiker, dem es vor allem auch um die Vermittlung der Kochkunst ging. 

Eine professionelle Restaurantküche brauche Struktur und perfekte Handlungsabläufe, wusste der Südfranzose schon damals. Escoffier galt unter anderem als Erfinder der Spezialisierung des Küchenpersonals auf den jeweiligen „Posten“.

All das kann man in seinem beschaulichen Geburtshaus in acht Räumen nachvollziehen. Küchengeräte, Rezepte und Speisekarten sind zu besichtigen, etwa die Menüabfolge, die Adenauer bei seinem ersten Staatsbesuch in Frankreich kredenzt wurde. Ein ganzer Raum ist allein dem Thema Schokolade gewidmet. 

Da steht man nun und inhaliert ganz tief das wunderbare Parfüm der rundum aufgebauten süßen Kreationen, während einem die charmante Museumsdirektorin Julie Durand noch die eine oder andere Anekdote aus dem Leben des Meisterkochs erzählt, etwa über seine Vorliebe für Desserts. Sie seien, so Escoffier, das Tüpfelchen auf dem i oder, wie es auf Französisch heißt, „die Kirsche auf dem Kuchen“. 

Weitere Informationen zum Musée Escoffier gibt es im Internet unter http://fondation-escoffier.org.

Claudia Diemar
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