Finnland

Wölfe, Bären und der Vielfraß

Finnland: Eine Safari durch den Nordosten

Schweigen gehört für Lassi Rautiainen zum Beruf, denn im Revier des Vielfraßes gilt ein Gebot der absoluten Stille. An diesem klirrend kalten Nachmittag hat der 59-jährige Naturfotograf wie schon Tausende Male zuvor seine Kamera in einem Unterschlupf aufgebaut und schiebt das schwere Teleobjektiv durch einen mit Tarnfarben gefleckten Plastikvorhang. Lautlos sitzt er in seinem Versteck, kontrolliert immer wieder mit dem Fernglas den Waldrand. Rautiainen ist ein Jäger nach dem perfekten Augenblick, dem perfekten Licht, dem perfekten Tierfoto. 

„Ich kenne sonst keinen Ort in Europa, wo man wilde Bären und Wölfe gemeinsam fotografieren kann“, flüstert Rautiainen, „Die meisten bekannten Bilder entstanden in Nordamerika. Wenn man am gleichen Tag dann auch noch einen Vielfraß vor die Linse bekommt, ist das Glück jedes Naturfotografen vollkommen.“

Im Sumpfland von Kuhmo, unweit der finnisch-russischen Grenze, bricht die Dämmerung an. Stille. Nur aus der Ferne ist das weiche Trompeten der Singschwäne zu vernehmen. Ein Seeadler spät von einem Baumwipfel aus nach Beute. „Mein erstes Bärenfoto habe ich als Lokaljournalist 1979 noch in Schwarz-Weiß geschossen“, erzählt Rautiainen.

Urplötzlich hält er inne und schwenkt das Objektiv nach rechts. Lautlos ist am Waldrand ein mächtiger Braunbär aufgetaucht. Misstrauisch lugt er in Richtung der Fotoverstecke. So überraschend, wie er gekommen ist, verschwindet er auch schon wieder in der Dämmerung.

Vor dem nächsten Foto-Abenteuer ist ein Gang in die Sauna Pflicht. Für seine Gäste hat Rautiainen eine ehemalige Holzfällerhütte an einem Waldsee zum gemütlichen Bettenlager umgebaut. In seinem Kuikka-Basislager können sie nach dem Saunieren vom Bootssteg ins Eiswasser springen.

Im Revier des Vielfraß liegen an diesem Abend ein norwegischer Naturfotograf und eine Gruppe Italiener auf der Lauer. Sie sind allein deshalb gekommen, um die seltenen Riesenmarder in der Natur zu beobachten.

Als es dämmrig wird im Wald, setzt ein leichter Schneeschauer ein. Er hat bald die Schweinehälfte zugedeckt, die Rautiainen als Lockmittel für den Liebling der Naturfotografen ausgelegt hat. Zusätzlich hat er an einen Kiefernstamm Lachsstücke genagelt. Denen kann der Vielfraß kaum widerstehen.„Seinen Namen hat er wohl von seiner Angewohnheit, für den Winter üppige Vorräte anzulegen“, erklärt Rautiainen. Daher wird das etwa dachsgroße Tier im Deutschen auch manchmal Giermagen genannt.

Als der seltene Nimmersatt dann plötzlich tatsächlich vor der Fotohütte auftaucht und sich gleich über die Lachsstücke hermacht, ist die Überraschung groß. Von wegen unheimlicher Waldgeist! Der Polarräuber hat ein Teddybären-Gesicht mit dunklen Knopfaugen. Im Nu hat er sich den Schlund vollgestopft und ist bald wieder im Dunkel des Waldes verschwunden.

Reisebüros, die Kunden mit Spaß an naturkundlichen Beobachtungen und besonderen Erlebnissen haben, können Tierbeobachtungs- und Wandertouren an der finnisch-russischen Grenze bei den Spezialisten Fintouring und Troll Tours einbuchen.
Win Schumacher
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