Kanada

Europa am nächsten

Irisches Erbe: ein Straßenzug in St. John’s.

Neufundlands Hauptstadt St. John’s ist ein Touristenidyll

Gute Aussicht: Cape Spear ist Kanadas östlichster Punkt. Fotos: mof

Mit mehr als 100.000 Einwohnern ist St. John's die größte Stadt Neufundlands. Sie ist zugleich Hauptstadt der Provinz im Osten Kanadas - erinnert jedoch auch nach 64 Jahren unter kanadischer Flagge noch immer eher an Irland. Die Menschen sprechen zum Beispiel ein Englisch wie im Süden der irischen Republik. Bei einem Bummel durch die Innenstadt fallen die knallbunten Häuserreihen, die Pubs und die Läden auf, in denen keltische Souvenirs angepriesen werden. In der George Street ertönen aus den Kneipen die gleichen Lieder, wie man sie gewöhnlich aus Waterford, Wexford oder Kilkenny kennt.

Lange galt St. John's als Armenhaus Kanadas. Vor allem nach dem Einbruch der Kabeljau-Fischerei Ende der 1990er Jahre tat sich die Stadt schwer, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. Das hat sich mit den reichen Ölfunden vor der Küste Neufundlands geändert. Die Stadt und ihre Menschen strotzen heute vor Stolz, wenn man sie auf den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Stadt anspricht. Die großen Ölkonzerne der Welt besitzen mindestens eine Filiale in St. John's, Exxon Mobile hat dort sogar seinen Hauptsitz.

Der Ort schmiegt sich um den Hafen herum an die steil aufsteigenden Klippen, an denen sich die Häuser den Winden des Atlantiks entgegenstemmen. Wie ein Hufeisen liegt der Hafen im Zentrum der Stadt, auf der einen Seite geschützt durch den Signal Hill und auf der anderen durch Cahill Point, eine Halbinsel, die das Hafenbecken vor Stürmen sichert.

Dass St. John's schon immer Europa zugewandt war, zeigt sich in seiner Geschichte. Angeblich landete hier John Cabot auf seiner Entdeckungsfahrt an die kanadische Küste - ob es stimmt ist umstritten. Sicher ist auf jeden Fall, dass Giuglielmo Marconi hier im Jahr 1901 den ersten transatlantischen Funkspruch empfing. Knapp zwei Jahrzehnte später starteten John Alcock und Arthur Brown in St. John's zum ersten Nonstop-Flug über den Atlantik.

Es sind aber nicht nur das Zentrum und der Hafen der Stadt, die Besucher anlocken. St. John's erstreckt sich wie die meisten Städte Neufundlands entlang der Küste und umschließt Buchten und Seen. Einer der schönsten ist der Quidi Vidi Lake, an dessen Ufer der gleichnamige Vorort liegt. Hier befindet sich eine der bekanntesten Brauereien der Provinz. In der Quidi Vidi Brewery entsteht das berühmte "Iceberg Beer", das angeblich mit dem saubersten Wasser der Welt gebraut wird - dem Schmelzwasser aus Eisbergen der Arktis, die jedes Jahr wieder in der Zeit von Mai bis Juni an der Küste Neufundlands auf dem Weg in ihr nasses Ende vorbeidriften, bevor sie in den wärmeren Gewässern des Golfstroms schmelzen.

Am Südrand der Stadt liegt Cape Spear, der östlichste Punkt Kanadas. Dessen zwei Leuchttürme wachen auf den Klippen über die vorbeifahrenden Schiffe und die Buckelwale, die sich in diesen Gewässern aufhalten. Vom Wind zerzaust halten Wanderer gebannt Ausschau nach den Rücken- oder Schwanzflossen der Meeressäuger, die sich hier oft ganz nah am Land zeigen - und werden oft belohnt. Weitere Informationen zu St. John's gibt es auf der Website von Tourism Newfoundland & Labrador unter www.newfoundlandlabrador.com.
Monika Fuchs
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