Kanada

British Columbia: In Kanadas Halbwüste

Impression aus Penticton: Der Raddampfer „Sicamous“, heute ein Museumsschiff, war früher auf dem Okanagan Lake im Einsatz

Impression aus Penticton: Der Raddampfer „Sicamous“, heute ein Museumsschiff, war früher auf dem Okanagan Lake im Einsatz. Foto: ket

Ein Besuch in der Weinregion Okanagan Valley

Wenn Ex-Bahner Ken Orford von der 148 Tonnen schweren „Spirit of Summerland“ spricht, gerät er ins Schwärmen. Für ihn ist die Lokomotive 3716 der Kettle Valley Railway etwas Besonderes.

Ein Touristenmagnet ist die Bahn ohnehin – auch, wenn die 1912 gebaute Museumslok nun in der Vorweihnachtszeit als „Summerland Christmas Express“ über die 16 Kilometer Gleise rollt, die nach dem Ende des regulären Betriebs von einst 500 Streckenkilometern noch übrig sind. „Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte die Bahn zu den teuersten Strecken der Welt. Sie brachte das Obst aus dem Okanagan Valley zur Küste, wo es verschifft wurde“, erzählt Orford.

Hochburg des Obst- und Weinanbaus

Der Obstanbau war und ist in der Region im Süden British Columbias von großer Bedeutung: Birnen, Aprikosen, Kirschen, Pflaumen – das ungewöhnliche Klima auf dem Hochplateau zwischen dem Westküstengebirge und den Rocky Mountains lässt rund um den Hauptort Penticton vieles gedeihen.

„Wir liegen im Regenschatten der Coast Mountains und haben nur etwa 300 Millimeter Niederschlag im Jahr. Das ist eine Halbwüste“, erklärt Geologe Scott Smith. 40 Grad sind im Sommer keine Seltenheit. Zudem bleibt es lange hell. „Das wirkt sich positiv auf die Reife der Weintrauben aus.“

Die Weinproduktion ist daher heute eines der Standbeine in der Region und zieht neben vielen Rentnern, die Wein und Klima schätzen, auch immer mehr Touristen an. Längst haben Weingüter wie Popular Grove Winery aus Penticton und Liquidity Winery aus Okanagan Falls Gewürztraminer und Riesling aus British Columbia international etabliert. Mehr als 60 Weingüter zählt das Okanagan Valley, die internationalen Prämierungen der Weine aus dem Süden Kanadas häufen sich.

„Am Anfang war das ein Hobby. Mittlerweile ist die Brennerei unser Hauptgeschäft“, sagt Anette Engel, die 2001 mit ihrer Familie von der Schwäbischen Alb auswanderte und in Penticton ein vier Hektar großes Grundstück kaufte. Seit 2005 führen sie und ihr Mann Jörg am Okanagan Lake eine Brennerei.

Die Toskana Kanadas

„Es gibt einige Auswanderer hier. Wir sind schließlich ein wenig auch die Toskana Kanadas“, bemerkt Engel, die noch immer von ihrer neuen Heimat schwärmt. „In 40 Minuten sind wir im Apex Ski Resort, wo es schon früh im Jahr zwei Meter Schnee gibt.“ Die Schneesicherheit der umliegenden Berge wiederum machen sich mittlerweile auch Gäste aus Vancouver zunutze. Sie haben Penticton längst als Alternative zu Whistler und den Ski-Resorts der Rocky Mountains entdeckt.

 Thorsten Keller
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