Berufe in der Touristik

Teil 13 – Chef einer Tourismus-Region: Ulrich von dem Bruch

Wirtschaftliches Denken und Diplomatie sind wichtig für Heide-Geschäftsführer Ulrich von dem Bruch

Wirtschaftliches Denken und Diplomatie sind wichtig für Heide-Geschäftsführer Ulrich von dem Bruch. Foto: privat

Ulrich von dem Bruch ist Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH

Von Jürgen Baltes

„Marketing, Vertrieb und Produkt, das kann ich“, sagt Ulrich von dem Bruch selbstbewusst. Kein Wunder, denn der Geschäftsführer der Lüneburger Heide GmbH hat auf seinem Karriereweg kaum eine Station in der Touristik ausgelassen, ob Reisebüro, Veranstalter oder Airline.

Gestartet ist der 49-Jährige mit der Ausbildung zum Reiseverkehrskaufmann in der Kölner Zentrale von Atlas Reisen. Die Kette gehörte zur Hälfte seiner Familie, die ihre Anteile später an die heutige DER Touristik verkaufte. Es folgten Stationen beim Kölner Baustein-Pionier Grave Tours, der Reisebüro-Kette Hebbel, bei FTI, dem Reise-Fernsehsender Sonnenklar TV, dem Online-Portal Reise.de sowie bei TUI und den Airlines HLX und TUI Fly.

Von dem Bruch kennt also die Spieler der Touristik ganz genau. Da klingt es mehr als verwunderlich, dass er im Jahr 2008 in der Lüneburger Heide anheuert. „Das war es auf den ersten Blick zunächst auch“, gibt der Geschäftsführer gerne zu. Doch bei genauer Betrachtung liege das damals neue Metier keinesfalls so fern.„In der Lüneburger Heide waren die Gästezahlen rückläufig“, erläutert von dem Bruch.

In einem Gutachten hatte das Europäische Tourismusinstitut (ETI) völlig neue Strukturen empfohlen – vor allem aber, für den Wandel jemanden von außen zu holen, der mit der bisherigen Tourismusorganisation nichts zu tun hatte. So sei man ins Gespräch gekommen, sagt von dem Bruch. Ihm sei dabei schnell klar geworden, dass er hier „richtig kreativ“ werden könnte.

„Wir haben eine GmbH aufgebaut, die ähnlich wie ein Reiseveranstalter funktioniert“, erläutert der Gründungsgeschäftsführer. „Wir denken in Zielgruppen und in Pauschalreisen mit Bahn- oder Busanreise.“ Dazu hat der Heide-Chef einiges aus der Veranstalterwelt auf die Destination übertragen, etwa das Zielgruppenkonzept wie bei TUI, das zum Beispiel zwischen Natur-, Vital-, Spaß- oder Kultururlaubern differenziert.

In den vergangenen Wochen haben von dem Bruch und sein rund 20-köpfiges Team die 400 Hotels und 1.000 Ferienwohnungen der Region besichtigt und nach Zielgruppen „geclustert“. Im Bereich Natur mangelte es an einer klaren Positionierung, daher wurde kurzerhand die eigene Hotelmarke Naturotel ins Leben gerufen. Auch die ITB habe das Lüneburger-Heide-Team nicht besucht, um „über die Heide-Blüte zu schwärmen“, wie von dem Bruch es ausdrückt, sondern „um dort Geld zu verdienen“ – etwa durch Kontingentvereinbarungen mit Paketern, Sonderreisen oder Gespräche mit Großveranstaltern wie Ameropa und Dertour. Vor dem Saisonstart sind dann noch die Vermieter auf ihre Zielgruppen eingeschworen worden.

Der Geschäftsführer selbst hält immer wieder einmal Schulungen ab, ebenso wie er am Telefon oder im Internet-Chat Urlauberfragen beantwortet. Als erste deutsche Urlaubsregion habe man zudem einen Live-Chat auf der Website eingerichtet, „eine echte Innovation“. Für immer neuen Wind sollen auch wöchentliche „Innovations-Meetings“ sorgen, bei denen jeder Mitarbeiter selbst noch so ausgefallene Ideen einbringen kann.

In seinem Team legt der Chef weniger Wert auf Lebensläufe als auf „kreative Charaktere“. Bewerbungsverfahren laufen bei ihm daher andersherum. Zunächst lade er Kandidaten zum 20-minütigen Kurzinterview ein und schaue sich danach erst die Unterlagen an.

Was der Touristik-Profi erst lernen musste, war die politische Seite des Geschäfts. Zwar wurden die Gesellschafter der GmbH – dazu zählen die Landkreise, die großen Städte und private Unternehmen wie der Heide-Park – bereits bei der Gründung mit der gemeinsamen Strategie vertraut gemacht. Doch als Vertreter der gesamten Region hat es von dem Bruch auch mit zahlreichen Gemeindebürgermeistern und Tourismusverantwortlichen zu tun. Da sei vielfach noch Kirchturmdenken verbreitet. „Da ist es gut, wenn man die Kunst der Diplomatie beherrscht“, lacht der Heide-Geschäftsführer.