Kreuzfahrten

Kreuzfahrten: „Wir stehen nicht unter Druck“

Will auf gute Produkte statt Schnäppchen setzen: MSC-Chef Pierfrancesco Vago.

Will auf gute Produkte statt Schnäppchen setzen: MSC-Chef Pierfrancesco Vago.<p>Foto: MSC</p>

MSC: Pierfrancesco Vago über Krise, Preise, Kunden und Mitbewerber

Für die einen steckt sie schon mitten in den Preisschlachten, für die anderen kommen die schmerzhaften Specials erst noch auf die Kreuzfahrtbranche zu: Trotz teilweise zweistelliger Zuwachsraten steuern die Reedereien auf schwere Jahre zu. Denn der Einbruch im US-Markt sowie die vielen neuen Kapazitäten sorgen für Druck. touristik aktuell sprach mit Pierfrancesco Vago, CEO der italienischen Reederei MSC Crociere, über die aktuelle Entwicklung.

ta: Herr Vago, nicht nur US-amerikanische Reedereien, sondern auch ihr direkter Konkurrent Costa Crociere kommt derzeit mit immer neuen Preisangeboten auf den Markt. Ein Grund, nervös zu werden?
Pierfrancesco Vago: Wir beobachten diese Entwicklung natürlich sehr genau und sind darüber keineswegs begeistert. Vor allem gegenüber Frühbuchern ist es absolut unfair, später die Preise auf breiter Front zu senken. Dies ist ein schlechtes Signal für die Branche und für den Verbraucher.

ta: Und sorgt für mächtig Druck auf Anbieter wie MSC?
Vago: Nein, derzeit nicht. Bei uns gibt es momentan keinen Bedarf an so breit angelegten Specials. Wir sind in 50 Ländern vertreten und haben in 36 Ländern eigene Büros. Dadurch können wir sehr gut Kapazitäten hin und her schieben. Dass es ab und zu Preisangebote gibt, gehört zum Geschäft. Aber wir geben in Deutschland keine massiven Preisnachlässe, wenn viele unserer Kunden bereits zum „Normalpreis“ gebucht haben. In diesen Einzelfällen werden die restlichen Kabinen eben in Japan vermarktet.

ta: Und das genügt in einem Markt, der derart unter Druck steht und zum Wachstum verdammt ist?
Vago: Nein, aber wir haben zahlreiche weitere Vorteile, mit denen wir punkten. So verfügen wir mit einem Durchschnittsalter von 3,9 Jahren unserer Kreuzfahrtschiffe über die weltweit jüngste und damit modernste Flotte. Der Marktschnitt liegt bei 7,4 Jahren. Zudem sind wir ein privates Unternehmen und stehen im Gegensatz zu Carnival-Töchtern wie Costa Crociere und Aida Cruises nicht im Fokus von Börsen und Controllern.

ta: Müssen Sie kein Geld verdienen?
Vago: Doch, natürlich. Aber die Höhe der Marge steht nicht so unter Druck. Wir wollen die Kunden nicht durch Schnäppchen auf unsere Schiffe holen, sondern sie mit einem guten Produkt glücklich machen und somit zu weiteren Kreuzfahrten mit MSC animieren.

ta: Wie unterscheiden sich Ihre Schiffe von denen der Konkurrenz?
Vago: Äußerlich ähneln sich die Kreuzfahrtschiffe, der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass unsere Gäste an Bord „faul“ sein dürfen. Sie werden nicht über das Schiff gejagt, damit die On-Board-Umsätze in die Höhe klettern. Sie können auch deshalb faul sein, weil wir ihnen sehr viel Liegefläche in der Sonne zur Verfügung stellen.

ta: Sie lassen in St. Nazaire gerade zwei neue Megaliner bauen. Würden Sie diese Investition aus heutiger Sicht genauso tätigen?
Vago: Auf jeden Fall, denn es gibt immer wieder Zyklen mit Aufs und Abs. Gerade in schlechten Zeiten zeigt sich, wer nachhaltig agiert oder wer nur auf den kurzfristigen Erfolg setzt. Zudem bietet die Krise auch Chancen!

ta: Und die wären?
Vago: Vor allem für Familien werden Kreuzfahrten noch attraktiver. Denn sie bieten ein sehr gut kalkulierbares Budget und ein enormes Bündel an Leistungen. Ich sehe für MSC derzeit riesige Chancen, neue Kunden zu gewinnen. Und wer einmal an Bord war, kommt in den meisten Fällen auch wieder.

ta: Am 15. Mai taufen die Joint-Venture-Partner Royal Caribbean und TUI Cruises in Hamburg ihr erstes Schiff. Auch MSC war einstmals als Partner für TUI im Gespräch. Warum haben Sie ein Joint Venture abgelehnt?
Vago: Ich habe niemals „Nein“ gesagt, die Entscheidung ist bei TUI gefallen. Und das ist auch in Ordnung so. Ich gehe davon aus, dass TUI Cruises dem Markt neue Kunden bescheren wird. Und die werden irgendwann auch unsere Schiffe ausprobieren.

Das Gespräch führte Matthias Gürtler

Anzeige