Kreuzfahrten

Kommentar: Kein Land in Sicht

Foto: Makhbubakhon Ismatova/istockphoto

ta-Redakteur und Kreuzfahrt-Ressortleiter Christofer Knaak

ta-Redakteur und Kreuzfahrt-Ressortleiter Christofer Knaak. Foto: ta

Anders als in Politik und Wirtschaft keimt in der Kreuzfahrtindustrie allenfalls leise Hoffnung auf eine baldige Lockerung des Lockdowns. Reederei-Hashtags wie #leinenlosfuerzuversicht oder #baldwiederleinenlos vermitteln zwar gut gemeinten (Zweck-)Optimismus, gleichzeitig aber sehen sich die Anbieter gezwungen, die Aussetzung des Schiffsbetriebs sukzessive zu verlängern, zum Teil bereits bis Ende Mai. Eine zeitnahe Wiederaufnahme ist nicht in Sicht. Der wirtschaftliche Schaden nicht absehbar.

Wer kann, nutzt die Zwangspause für vorgezogene Werftaufenthalte oder positioniert Schiffe gar vor der Reederei-eigenen Insel, um Liegegebühren in Häfen – die in der aktuellen Lage längst nicht überall reduziert werden – einzusparen. Andere Anbieter wiederum wägen derzeit ab, ob sie ihre Schiffe in der Fremde belassen oder besser ins Heimatland zurückholen. Denn selbst, wenn der Shutdown auf See ein Ende hat, ist keineswegs sicher, auf welchen Routen es weitergehen kann.

Liquidität durch Milliarden-Kredite

Bis es soweit ist, heißt es für die Schiffsbetreiber liquide zu bleiben. Konzerne bauen dabei unter anderem auf milliardenschwere Kredite. Mit Staatshilfen können sie eher nicht rechnen. So blitzte Medienberichten zufolge Carnival bei der US-Regierung ab, weil die Schiffe nicht in Amerika, sondern in steuergünstigeren Flaggenstaaten registriert sind.

Was gerade amerikanischen und anderen internationalen Anbietern in der jetzigen Situation besser gelingt als so manchem deutschen Kreuzfahrtunternehmen ist die Unterstützung der Vertriebspartner. Sei es bei der Kulanz oder bei der Kommunikation. Beides ist in Krisenzeiten wichtiger denn je. Beispiel USA: Reederei-Chefs wie Richard Fain (Royal Caribbean Cruises) oder Orlando Ashford (Holland America Line) etwa machen in Videobotschaften keinen Hehl aus der Notlage, teilen mit Vertriebspartnern Informationen, aber auch Sorgen oder Zuversicht.

Kritik an deutschem Duo

Gerade von den beiden großen deutschen Kreuzfahrtmarken habe man sich in dieser beispiellosen Krise eine bessere Kommunikation und vor allem mehr Unterstützung und Solidarität gewünscht, heißt es im Reisebüro-Vertrieb. Aida und TUI Cruises hätten sich in der aktuellen Situation nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Gerade von TUI Cruises, sieben Jahre in Folge mit dem Globus Award von touristik aktuell für den besten Reisebüro-Service der Kreuzfahrtanbieter ausgezeichnet, zeigen sich Vertriebspartner wegen zurückgebuchter Provisionen und der Einstellung der telefonischen Erreichbarkeit bitter enttäuscht.

Das Verhältnis von Handelsherren und Handelsvertretern wird auch im Kreuzfahrtbereich auf eine harte Probe gestellt. Welchen Kurs beide nach der Krise einschlagen, bleibt abzuwarten. Eine „ehrliche Solidarität“, wie sie sich die Kreuzfahrt-Initiative von allen Beteiligten wünscht (siehe hier) steht in dieser Existenz gefährdenden Situation hinter eigenen wirtschaftlichen Interessen zurück. Dabei sitzen doch alle in einem Boot.

 
Christofer Knaak