Reisevertrieb

Frust auf Airlines: Ein Reisebüro berichtet

Blick in das Büro von Cooltour Reiseservice: Die Flugprofis sind enttäuscht vom  Verhalten der Airlines in der Krise. Foto: Cooltour Reiseservice

Blick in das Büro von Cooltour Reiseservice: Die Flugprofis sind enttäuscht vom  Verhalten der Airlines in der Krise. Foto: Cooltour Reiseservice

Die fehlende Bereitschaft vieler Airlines, nach Flugabsagen wegen Corona Kundengelder zurückzuzahlen oder wenigstens Gutschriften zu bestätigen, sorgt bei Reisebüros und Veranstaltern für immer größeren Frust. 

„Wir stehen den Kunden gegenüber in der Verpflichtung. Aber wir werden von einigen Airlines völlig hängengelassen“, fasst Dirk Dufner vom süddeutschen Reiseveranstalter und Flugvermittler Cooltour Reiseservice die Enttäuschung vieler Kollegen zusammen. Dufner ist seit 25 Jahren in der Touristik tätig und hat schon viele Höhen und Tiefen der Branche erlebt. Der aktuelle Zustand sei jedoch mit keinem vorher zu vergleichen.

„Es geht um Liquidität“
„Die Corona-Krise zieht uns gerade sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weg“, gesteht Dufner. Allerdings habe sein Unternehmen immer gut gewirtschaftet und verfüge über genügend Rücklagen. Einfach sei die Lage dennoch nicht.

„Wir wissen zwar jetzt schon, dass wir die Krise überstehen werden“, berichtet Dufner. Aber der für dieses Jahr geplante Anbau und die Vergrößerung der Geschäftsräume sei erst einmal zurückgestellt. Denn jetzt gehe es darum, Liquidität zu sichern. „Diese Gewissheit haben sicherlich nicht alle Unternehmen“, ist sich der erfahrene Touristiker bewusst. 

Ohnmacht gegenüber Airlines
Am schlimmsten ist für Dufner die Ohnmacht in der Zusammenarbeit mit vielen Fluggesellschaften. Als Reisebüro fühle man sich regelrecht allein gelassen: Refund-Anträge würden zum Teil nicht einmal bearbeitet, bei Anfragen werde man hingehalten und vertröstet oder schlichtweg falsch informiert. „Manches hat aus meiner Sicht sogar den Tatbestand der Täuschung“, beschreibt Dufner das Vorgehen mancher Airlines.

Als eine der aktuell „rühmlichen Ausnahmen“ unter den Leistungsträgern in der Touristik bezeichnet Dufner Lufthansa. Leider gebe es aber auch „sehr viele schwarze Schafe“. Zu ihnen gehöre „leider auch Condor“.

Bei dem früheren Cook-Flieger würden Ansprüche auf Beträge, bei denen die Buchung vor dem 26. September 2019 stattgefunden habe, nicht erstattet, so Dufner. Vielmehr müssten sie als Gläubigerforderung eingereicht werden.

Besonders schwierig: Gruppenreisen
Dies sei gerade bei Gruppenbuchungen gravierend, weil die Gruppenkapazitäten zumeist schon viele Monate – sprich vor dem Schutzschirmverfahren – getätigt worden seien. „Selbst wenn die Reise noch im Optionsstatus war und erst nach dem 26. September zur Fixbuchung umgewandelt wurde, verweigert Condor eine Rückzahlung“, kritisiert der Cooltour-Chef.

Doch genau darauf habe bei Condor niemand hingewiesen. Selbst in der Stornobestätigung stehe noch fälschlicherweise: „Das Guthaben wird in den nächsten Tagen auf die uns bekannte Bankverbindung zurücküberwiesen.“

Gutscheine als Ersatz für Rückzahlungen sieht der Reiseverkäufer im Geschäft mit Gruppenreisen als problematisch an. Umbuchungen auf einen späteren Zeitpunkt seien bei Gruppen nur in den wenigsten Fällen realisierbar, „weil sich die gebuchten Reiseteilnehmer nicht auf einen fixen Termin in der fernen Zukunft festlegen lassen“.

Bei Individualreisen dagegen könnten sie eine Möglichkeit sein – einfach ist es aber auch in diesen Fällen nicht: Denn Gutscheine würden nur von den wenigsten Kunden akzeptiert, „weil vielen nach der Cook-Pleite noch immer die Angst in den Knochen steckt“.

Grundsätzlich stellt Dufner fest, dass der Ton in der Branche in den vergangenen zwei Wochen schärfer geworden ist: „Zurzeit versucht jeder, sich zu retten und nicht zu den Firmen zu gehören, die es Ende des Jahres nicht mehr geben wird.“

Matthias Gürtler
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