Reisevertrieb

Nachruf: In Gedenken an Walter Hebbel

Reisen war sein Leben: Walter Hebbel wurde 75 Jahre alt

Reisen war sein Leben: Walter Hebbel wurde 75 Jahre alt. Foto: privat

Die Reisebüros waren sein Lebenswerk. Für sie lebte er, für sie plante er, für sie kämpfte er. Im vergangenen Jahr feierten er, seine Familie, die Mitarbeiter und viele Kunden gemeinsam das 50. Firmenjubiläum.

Die Touristik wurde Walter Hebbel quasi in die Wiege gelegt: Seit 1922 betrieb seine Familie eine Spedition, nach dem zweiten Weltkrieg war die Firma auch als Busunternehmen aktiv. Was dann folgte, war Zufall: Als ein etabliertes Reisebüro den neuen Standort verschmähte, tagte bei Hebbel der Familienrat und entschied, ins Reisebüro-Geschäft einzusteigen – fast ohne Vorkenntnisse.

Es sei ein schwieriger Start gewesen, damals im Jahr 1969, erzählte Walter Hebbel vor einem Jahr im Interview mit touristik aktuell. Denn weder TUI noch das DER hätten ihm einen Agenturvertrag gegeben. So habe er eben bei Neckermann angefragt– und sei zum Exoten in der Branche geworden: „Ohne TUI und DER wurden wir als Aussätzige behandelt. Das führte auch dazu, dass wir nur schwer Mitarbeiter gewinnen konnten und wenig Unterstützung erhielten“, berichtete Hebbel.

Von seinen Plänen abhalten ließ er sich dennoch nicht. Und schon bald bewies der 1945 geborene Jungunternehmer, was er kann. Selbst noch keine 30 Jahre alt, fing er an, selbst auszubilden, eigene Schulungen zu organisieren und Experten einzuladen.

Alltours-Gründer Willi Verhuven kam und erzählte über Griechenland. Der spätere Air-Berlin-Chef Joachim Hunold saß im Auftrag von Transair in Hebbels Bürostuhl. Die Azubis waren begeistert. Das Geschäft legte zu.

Was dann folgte, ist eine faszinierende Erfolgsgeschichte: Schritt für Schritt baute Walter Hebbel die größte private Reisebüro-Kette in Nordrhein-Westfalen auf – mit insgesamt 21 Filialen.

Von Anfang an setzte der engagierte Unternehmer auf einen engen Draht zu den Mitarbeitern, ein großes touristisches Netzwerk und modernste Technik. So besaß er als einer der ersten ein eigenes Buchungs-Terminal von LTU und Tjaereborg.

Schon zu Zeiten, als Service-Entgelte noch kein Thema waren, lautete seine unternehmerische Devise: „Auskünfte sind keine Einkünfte. Die Kunst ist, aus Auskünften Einkünfte zu machen.“

In den 80er Jahren begann er, seine Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen. Das machte die Hebbel Reisebüros noch erfolgreicher – an eine bundesweite Expansion dachte der Firmenchef jedoch nie. „Nur, wenn wir regional bleiben, können wir ein Team bleiben“, sagte er im Interview für unsere Jubiläumsausgabe im vergangenen Jahr.  Dieses Jubiläum haben wir gemeinsam: Auch touristik aktuell feierte 2019 den 50. Geburtstag. Walter Hebbel trug mit vielen Ideen und Gedanken zum Gelingen dieser Ausgabe bei.

Nicht nur dafür bin ich ihm dankbar. Dankbar bin ich auch für die vielen interessanten Gespräche, mit denen er mir seine Sicht auf die Touristik darstellte. Dass er oftmals nicht zitiert werden wollte, habe ich gerne akzeptiert: Er wollte Klartext sprechen, gleichzeitig aber im Hintergrund bleiben.

„Die Ereignisse der letzten Zeit haben seine Kräfte überfordert“, steht in der Traueranzeige seiner Familie. Seit Jahrzehnten habe ihn seine Krankheit mit unterschiedlichen Ausprägungen begleitet, letztlich habe die Depression seinen Lebensmut gebrochen.

Walter Hebbel starb am 12. Mai 2020. „Er ist nun frei und wir bleiben in Fassungslosigkeit zurück“, schreibt die Familie. Dem schließe nicht nur ich mich an, sondern das gesamte Team von touristik aktuell, das ihn noch im Januar bei unserer jährlichen Globus Night begrüßen durfte.

Wir werden Walter Hebbel in guter Erinnerung behalten.

Matthias Gürtler

 
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