Reisevertrieb

Appell an Reisebüros: Kritik an der Kritik

Die Kritik einiger Veranstalter an einigen Reisebüros kommt im Vertrieb gar nicht gut an

Die Kritik einiger Veranstalter an einigen Reisebüros kommt im Vertrieb gar nicht gut an. Foto: oatawa/iStockphoto

Die Kritik einiger Veranstalter an einigen Reisebüros bezüglich ihrer schlechten Erreichbarkeit und mangelnden Präsenz im Markt ist vom Vertrieb mit Häme, Verzweiflung und Unverständnis aufgenommen worden. Und das nicht nur in mehr als 150 Kommentaren auf der Facebook-Seite von touristik aktuell„ sondern auch in zahlreichen Leserbriefen, Telefonanrufen und geschlossenen Facebook-Gruppen.

„Das raubt mir den Atem“

So schreibt Martin Werner vom First Reisebüro Taunus Reiseservice in Kronberg in einem Leserbrief an die ta-Redaktion: „Erst schalten die Veranstalter die Telefone für Reisebüros aus. Und jetzt sind wir diejenigen, denen man nahelegt, dass wir näher am Kunden hätten sein sollen.“ Sylvia Daniels vom First Reisebüro Heinsberg gesteht: „Die Aussagen rauben mir jetzt wirklich den Atem. Und dann auch noch anonym!“ Auch QTA-Sprecher Thomas Bösl ärgert sich über die Anonymität. Zwar sei die Diskussion zu diesem Thema durchaus legitim. „Aber wenn man etwas kritisiert, sollte man auch Ross und Reiter nennen“, lautet seine Meinung.

Ärger über anonyme Statements

An diesem Punkt greifen wir uns auch an die eigene Nase: Der Artikel war nicht nur sehr pauschal formuliert (vielleicht zu pauschal), sondern auch mit anonymen Zitaten versehen. Der Grund dafür: Die genannten Vertriebs-Manager wollten explizit nicht genannt werden, weil sie wussten, welche Resonanz es darauf geben würde. Wir hätten die Statements daraufhin in den Papierkorb werfen können. Das haben wir nicht getan.

Trotz allem: Präsenz ist wichtig

Der Grund dafür: Viele Reisebüros leisten tatsächlich seit Monaten einen hervorragenden Job. Aber es gibt eben auch einige, die völlig abgetaucht sind und an deren geschlossener Reisebüro-Tür nicht einmal ein Hinweis auf die Erreichbarkeit per Telefon, E-Mail oder per Social-Media angebracht ist.

Genau an sie richtet sich die Kritik einiger Veranstalter. Allein sind diese dabei nicht: Auch zahlreiche Geschäftsführer und Vorstände von Reisebüro-Ketten- und Kooperationen mahnen ihre Mitgliedsbüros seit Wochen, ihre Türen zu öffnen und beim Kunden Präsenz zu zeigen. So kamen bei touristik aktuell in den vergangenen Wochen zu diesem Thema unter anderem Manuel Molina (TSS), Thomas Bösl (RTK), Lars Helmreich (Reiseland) und Oliver Grimsehl (TUI Travel Star) zu Wort.

Alpha-Kooperation: „Vorwürfe sind unverschämt“

Nun meldet sich auch die Reisebüro-Kooperation Alpha Reisebüropartner zu Wort – und zeigt sich entsetzt über die vorgeworfene Kritik und die Anonymität der Aussagen. „Natürlich können Reisebüros aus wirtschaftlichen Gründen derzeit manchmal nur mit reduzierten Öffnungszeiten arbeiten“, gesteht Markus Singrün von der Reisebörse Achern und Mitglied im Alpha-Beirat. Aber: „Viele Reiseveranstalter haben sich monatelang weggeduckt, Kundengelder nicht zurückgezahlt, Reisende im Unklaren gelassen und die gesamte Arbeit unvergütet von Reisebüros erledigen lassen. Da sind derartige Vorwürfe unverschämt dem gesamten Reisebürovertrieb gegenüber.“

Auch Alpha-Geschäftsführer Albin Loidl zeigt sich über die Aussagen irritiert: „Statt Unmut zu schüren, ist jetzt eine enge Kooperation gefordert, damit wir gemeinsam als Branche die unzähligen Herausforderungen der aktuellen Krise meistern können“, lautet seine Aufforderung an die Veranstalter.

Rückendeckung von Schauinsland

Von Schauinsland-Reisen, seit März Gesellschafter bei der früheren Vertriebsmarke von Thomas Cook, gibt es unterdessen eine klare Rückendeckung für die Reisebüros: „Trotz des erheblichen Drucks und hoher Einnahmeverluste hat der stationäre Vertrieb in der Regel gute Arbeit geleistet“, sagt Vertriebschef Detlef Schroer, der in Personalunion auch Geschäftsführer bei Alpha ist. „Wir Veranstalter sind den Reisebüros zu großem Dank verpflichtet, weil vor Ort in monatelanger Arbeit viel Kraft aufgewendet wurde, unsere gemeinsamen Kunden zufriedenzustellen.“

Genau diesen Dank erwarten viele Reisebüros auch von anderen Veranstaltern. Ob er kommt, werden vielleicht anstehende Reisebüro-Tagungen etwa von TSS, AER und dem Reisebüro-Verband VUSR zeigen.

Zum erwähnten – und viel diskutierten - Artikel geht es hier.

 
Von Matthias Gürtler
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