Reisevertrieb

Ü III: So kritisieren Reisebüros die Hilfe

Im vergangenen Jahr gingen Tausende Reisebüros auf die Straße. Auch mit der Überbrückungshilfe III sind nicht alle zufrieden

Im vergangenen Jahr gingen Tausende Reisebüros auf die Straße. Auch mit der Überbrückungshilfe III sind nicht alle zufrieden. Foto: ck

Die Überbrückungshilfe III kann ab sofort beantragt werden. Unternehmen können für November 2020 bis Ende Juni 2021 staatliche Hilfen in Höhe von monatlich bis zu 1,5 Millionen Euro erhalten. Die Entscheidung über die reguläre Auszahlung durch die Bundesländer ist für März geplant. So lange können Unternehmen Abschlagszahlungen von bis zu 100.000 Euro je geförderten Monat erhalten. Viele Reisebüros, Veranstalter und Branchenverbände reagierten erleichtert. Neben Lob gibt es aber auch Kritik. Hier einige Stimmen aus den Reisebüros:

Michael Zytniak vom Reisebüro Check-In-Center in Mülheim wartet mit der Beantragung der Überbrückungshilfe III noch ab. Diese will er nicht vor Ende März beantragen. „Angesichts der Erfahrungen bei den Änderungen der Überbrückungshilfe I und II, bei denen x-mal korrigiert und nachgebessert wurde, wäre das vorher nicht sinnvoll.“

Sein größter Kritikpunkt an der Ü III: „Es gibt immer noch eine Art Vorjahresbezug im Hinblick auf zu erstattende Provisionen. Sinnvoller wäre ein realistischer Bezug für 2019 analog zum Förderzeitraum oder der Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019. Dies wäre aber auch deutlich teurer für den Bund.“

Als Inhaber klagt er, dass man als Unternehmer noch immer keinen Unternehmerlohn zur Erstattung ansetzen kann. Laut Zytniak verweist das Bundeswirtschaftsministerium hier auf die Alternative Arbeitslosengeld II. „Aber das kann für jemanden, der sein Berufsleben hart gearbeitet hat, übrigens auch in den vergangenen Pandemie-Monaten, nicht des Rätsels Lösung sein. So muss sich der Bund die Frage gefallen lassen, wovon ein Unternehmer nach so langer Zeit seine Krankenversicherung, seinen privaten Strom, sein Brot und seine Butter bezahlen soll.“

Ute Scheuffler vom Mettmanner Reisebüro in Mettmann sagt: „Wenn die Überbrückungshilfen I und II nicht umsonst gewesen sein sollen, muss bei der Ü III nachgebessert werden. Ansonsten werden wir dieses Jahr nicht überstehen.“ Sie fordert, dass Fixkosten zu 100 Prozent aufgestockt werden müssen. Außerdem sollte die Gehaltskostenaufstockung für das Personal in Kurzarbeit mit angerechnet werden.

Kollegin Wibke Appel vom Reisebüro Steinhauser‘s Reisen in Strobenhausen erklärt: „Da wir kaum Buchungen haben und die Aussichten für diesen Sommer sehr bescheiden sind und unsere Politik nimmer müde wird den Bürgern mitzuteilen, dass Nicht-Verreisen Bürgerpflicht ist, läuft die Überbrückungshilfe leider für Reisebüros einfach ins Leere.“

Inhaber Jürgen Zierholz vom Reisebüro Rio in Berlin ist verärgert: „Die Ü III für Reisebüros auf kaum vorhandene Buchungen im Förderzeitraum abzustellen, ist makaber. Aber handelte man als Inhaber dann auch noch im Sinne der Bundesregierung und der Gesundheit verantwortungsvoll, hatte Kunden mit Fachwissen und in Kenntnis von Reisebedingungen und Inzidenzzahlen vorerst vom Reisen abgehalten, dann ist man zusätzlich der Depp.“

Ihm ist es ein Rätsel, warum sich das Ministerium gegen finanzierbare Prozentsätze von Referenzerlösen wehrt. Laut Zierholz wären diese überprüfbar und rechtssicher und für jeden Steuerberater einfacher zu handhaben. „Sagte nicht das Wirtschaftsministerium, dass die Überbrückungshilfe III einfacher und besser werde? Mein Steuerberater hatte schon bei der Ü II Schaum vor dem Mund. Bei der Überbrückungshilfe III wird er gewalttätig“, schimpft der Reisebüro-Inhaber.

Wie Verbände und Initiativen wie der DRV und VUSR die Überbrückungshilfe III einschätzen, lesen Sie in der neuen Ausgabe in touristik aktuell. Hier geht es zum E-Paper.

Arne Hübner