Reisevertrieb

Reisebüros auf der Suche nach Fachkräften

Zahlreiche Reisebüro-Inhaber sind derzeit auf der Suche nach neuen Kollegen. Foto: stadtratte/istockphoto

Zahlreiche Reisebüro-Inhaber sind derzeit auf der Suche nach neuen Kollegen. Foto: stadtratte/istockphoto

Die Anzahl der Reisebüros, Veranstalter und touristischen Unternehmen, die derzeit nach Fachkräften suchen, ist kaum zu überblicken. War das Problem, Experten zu finden, bereits vor der Corona-Krise vorhanden, so ist es durch die Pandemie noch viel größer geworden: Viele Touristikexperten haben aufgrund fehlender Perspektiven die Branche verlassen. touristik aktuell hat mit den Inhabern zweier Agenturen gesprochen. 

Einer, der um dieses Problem weiß und einen Lösungsansatz für sich gefunden hat, ist Michael Riebel. Der Chef der Reiseagentur Siamar Reisen in Leipzig hat bereits vor Ausbruch des Coronavirus sogenannte Team-Assistenten oder First-Level-Support-Spezialisten eingestellt.

„Das sind Kollegen, die eine kaufmännische Ausbildung haben, und die die eher einfachen Prozesse übernehmen“, erläutert Riebel. Dazu zählt er zum Beispiel Flugzeitenänderungen, das Weiterleiten von Hotelwünschen und das Kümmern um Visa – einfachere Tätigkeiten, die jedoch oftmals nervenaufreibend und zeitraubend sind.

Siamar Reisen stellt „Tourismuskaufleute Light“ ein

Auch die Bedarfsanalyse gehört zu den Aufgaben des Tourismuskaufmanns Light und der Tourismuskauffrau Light. „Daher legen wir bei unseren Bewerbern großen Wert auf Freundlichkeit und Serviceorientierung. Denn sie sind diejenigen, mit denen die Kunden als erstes Kontakt haben, bevor sie zu unseren Beratern, die die Reisen ausarbeiten, weitergeleitet werden.“

Riebel hat mit diesem Modell gute Erfahrungen gemacht – nicht zuletzt auch deshalb, weil die Kollegin ein Service-Entgelt für Visa, Sitzplatz & Co genommen hat. „Und zwar berechnet nach dem Anteil ihrer Arbeitszeit“, erläutert der Reiseprofi. Die Kollegin, die aus einer anderen Branche kam, sei viel unerschrockener, eine Gebühr für ihre Arbeit zu nehmen als viele der Berater. „Viele reagieren doch emotional und sagen, dass sie das nicht von den Kunden verlangen könnten.“

Weil einige Mitarbeiter im Zuge der Corona-Pandemie Siamar Reisen verlassen haben, hat Michael Riebel derzeit einige Vorstellungsgespräche. Vielversprechende, wie er sagt: „Ich habe aber auch gleich mehrere Stellen ausgeschrieben, eine für eine Team-Assistenz, eine für einen First-Level-Support und eine für einen Expedienten. Vielleicht finde ich ja noch einen richtigen Experten, der auch Bausteine und individuelle Reisen zusammenstellen kann.“

Inhaberin von C&M Reisen kritisiert Ausbildung

Diese Hoffnung hegt auch Stephanie Elingshausen. Die Inhaberin der auf Luxusreisen spezialisierten Agentur C&M Reise in Niddatal-Assenheim unweit von Frankfurt am Main sucht bereits seit einiger Zeit nach erfahrenen „Traveldesignern“ – bislang ohne Erfolg. Sie bedauert das schlechte Image der Branche und dass viele engagierte Nachwuchskräfte „sauer gefahren“ werden. „Viele junge Leute werden nicht gefördert, verkaufen lediglich einfache Pauschalreisen und werden nicht rausgeschickt“, kritisiert sie. „Das ist wirklich schade und nimmt der Branche die Attraktivität.“

Das Argument, dass man in der Touristik zu wenig verdiene und deshalb so viele Fachkräfte abwandern, lässt Elingshausen nicht gelten. „Viele Spezialisten zahlen ordentlich. Sie fordern und fördern ihre Mitarbeiter und binden sie so an sich.“

Laut Stephanie Elingshausen muss sich vor allem an den Ausbildungsinhalten einiges ändern. „Die Auszubildenden werden nicht breit genug aufgestellt, viele können zum Beispiel mit Iata nichts anfangen. Das ist sehr bedauerlich.“

Ob die Inhaberin selbst wieder ausbilden wird? Elingshausen weiß es noch nicht. Sie hofft, dass sie doch noch gute Fachkräfte findet. „Wer mag, kann sich gerne melden.“

Ute Fiedler
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