Kreuzfahrten

Kreuzfahrtgeschäft: Winterbuchungen weiter im Minus

Die Liegen auf den Sonnendecks werden zum Winter nicht leer bleiben – um sie zu füllen, müssen sich die Reedereien aber strecken. Foto: ck

Die Liegen auf den Sonnendecks werden zum Winter nicht leer bleiben – um sie zu füllen, müssen sich die Reedereien aber strecken. Foto: ck

Das Kreuzfahrtgeschäft hat sich krisenbedingt zum Kurzfristgeschäft entwickelt – die Vorausbuchungen für den kommenden Winter und die Saison 2023 sind teils alarmierend, ist zumindest von Vertriebsseite zu hören. Die Reedereien geben sich noch gelassen.

Pessimismus auf der einen, ehrlicher oder Zweckoptimismus auf der anderen Seite: Kreuzfahrtvermittler und -anbieter zeichnen ein unterschiedliches Bild von der Buchungslage.

Aida erwartet Aufschwung

Der deutsche Marktführer Aida zeigt sich nach einem „starken Sommer auch für die Wintersaison zuversichtlich“, so Marketing- und Vertriebschef Alexander Ewig: „Auch wenn nach wie vor die Kurzfristbuchungen überwiegen, sind Reisen im Winter bereits gut angebucht.“ Die allgemeinen Lockerungen im Reiseverkehr und der Wegfall der Impfpflicht für die meisten Aida-Reisen werden die Buchungsnachfrage forcieren, ist man in Rostock überzeugt.

Ähnlich klingt die Botschaft aus der Hamburger Zentrale von TUI Cruises: Man werde in der Wintersaison 2022/2023 mit voller Flottenstärke unterwegs sein und könne erstmals wieder planmäßig alle Winterfahrtgebiete und damit die gesamte Routenvielfalt anbieten. Dies mache sich bei den Buchungen bemerkbar: Die Buchungseingänge für den Winter seien gut, heißt es auf Anfrage von touristik aktuell. Insbesondere die Reisen rund um die Feiertage sind demnach sehr gefragt.

Aber auch TUI Cruises räumt ein, dass „aktuell tendenziell noch etwas kurzfristiger gebucht wird“. Allerdings stelle man „einen Trend zurück zu den langfristigeren Vorausbuchungen“ fest. 

Umsatzminus laut Tats bei 30 Prozent

Fakt ist: Das Minus zieht sich weiter durchs Jahr. Die Wave Season – die Hauptbuchungsphase von Januar bis März – entfiel, die Kreuzfahrtanbieter hatten zu Jahresbeginn kein echtes Frühbuchergeschäft, sondern größtenteils Umbuchungen aus der Zeit des Corona-bedingten Shutdown auf See. Laut aktuellem Reisebüro-Spiegel des Dienstleisters Tats steht für das Urlaubssegment Kreuzfahrten per August ein kumuliertes Umsatzminus von 30,5 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 zu Buche.

„Katastrophales Frühbuchergeschäft“

Die Zahlen sind besorgniserregend, ist im Vertrieb zu vernehmen. Das Frühbuchergeschäft für 2023 sei „eine Katastrophe, und zwar für die gesamte Kreuzfahrtbranche“, sagt ein großer Vermittler hinter vorgehaltener Hand. Und er berichtet, dass manch eine Reederei, die den Vertrieb über Online-Abverkäufer bis dato als nicht notwendig erachtete, eben diese jetzt um Hilfe bitten, weil die Auslastung ihrer Schiffe weit unter dem wirtschaftlich rentablen Niveau liege. Aus Sicht des Vermittlers ist ein bisher nicht gekannter Preiskampf zum Winter unausweichlich. Für Kreuzfahrtvermittler, die offen seien für Kurzfristgeschäft, würden sich große Chancen ergeben.

Positiv aus Vertriebssicht: In der aktuellen Auslastungssituation können es sich Reedereien – auch solche mit Kapazitätssteigerungen – vorerst nicht erlauben können, die Provisionsmodelle anzufassen und Umsatzstaffeln anzuheben.

Christofer Knaak