Der noch vor wenigen Tagen kaum vorstellbare Insolvenzantrag von FTI und Big Extra hat für Reisebüros gravierende Folgen: Schon ab morgen sollen kaum noch Reisen stattfinden. Tausende Kunden können somit ihren geplanten Urlaub nicht antreten.
„Es ist eine absolute Katastrophe. Noch vor wenigen Tagen hat uns CEO Karl Markgraf auf der Jahrestagung gebeten, FTI wieder das Vertrauen zu schenken“, heißt es von erschütterten Reisebüros der Schmetterling-Kooperation. Nun müssen sich betroffene Reisebüros der Wut der Kunden stellen – und haben einen Berg an Mehrarbeit vor sich.
Hohe Provisionsausfälle
Darüber hinaus stehen viele Reisebüros vor hohen Provisionsausfällen, egal welche Auszahlungsvariante sie gewählt haben: Seit Corona bietet FTI die Wahl zwischen der Vergütung nach der Anzahlung beziehungsweise nach Abreise des Kunden. Hat ein Reisebüro ersteres gewählt, sind die Provisionen zwar bereits auf dem Konto. Allerdings besteht die Gefahr, dass der Insolvenzverwalter Zahlungen eines Schuldners an einen Gläubiger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückverlangt, heißt es bei der Rechtsanwaltskanzlei Amereller.
Dies sei etwa dann möglich, „wenn beide Seiten zum Zeitpunkt der Zahlung wussten, dass der Schuldner nicht alle seine Gläubiger bezahlen konnte, also zahlungsunfähig“ war, heißt es von Juristen. Hinzu kommt, dass nahezu alle der anstehenden Reisen mit FTI und Big Extra mit Reisebeginn ab 4. Juni nicht stattfinden werden. Damit dürfte ein alter Streit neu aufflammen: Wann hat ein Reisebüro seine Arbeit erledigt – mit dem Abschluss der Buchung oder mit der Abreise des Kunden?
Nach Einschätzung der Kanzlei Brennecke Rechtsanwälte kann der Insolvenzverwalter die eingezogenen Beträge sogar sofort zurückbuchen. „Und zwar bis zu einem Zeitraum von viereinhalb Monaten ab der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Ist das Geld vom Gläubigerkonto erst einmal zurückgebucht, gibt es kaum eine Möglichkeit, die Beträge wiederzuerlangen“, heißt es auf der Website der Kanzlei.
Was wird aus der TVG?
Offen ist aktuell auch die Zukunft der Reisebüro-Kette TVG. Immerhin: Das Joint-venture von RTK und FTI ist vorerst nicht von dem Insolvenzantrag betroffen. Zu erwarten oder besser gesagt zu hoffen ist, dass RT-Reisen oder die Familie Sawiris den FTI-Anteil in Höhe von 50 Prozent übernehmen. Auf die Franchise-Nehmer kommen ohnehin besonders schwere Wochen hinzu: Ihr FTI-Anteil ist unter allen Reisebüros besonders hoch und machte im Schnitt zwischen 30 und 40 Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Einziges Trostpflaster: Die Euvia GmbH als Betreibergesellschaft von Sonnenklar TV ist von der Insolvenz bislang nicht betroffen. Allerdings dürften dort die Callcenter kaum mit der Beantwortung von Fragen hinterher kommen: Der Anteil von FTI und Big Xtra betrug dem Vernehmen nach rund 75 Prozent.