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Cookies: Wie Ex-Mitarbeiter den Übergang meistern

Das Abschiedsfoto der „Cookies“ ging vergangenes Jahr durch die sozialen Netzwerke

Das Abschiedsfoto der „Cookies“ ging vergangenes Jahr durch die sozialen Netzwerke. Foto: Thomas Cook

Die Insolvenz von Thomas Cook war vermutlich der bislang größte „Brain Drain“ der deutschen Tourismusbranche. Mehr als 2.000 Mitarbeiter, teilweise hoch qualifiziert und mit jahrzehntelanger Erfahrung, mussten sich von einem Tag auf den anderen nach einem neuen Job umschauen. Einer von ihnen ist Wilhelm Meyer, der 26 Jahre lang als Bezirksverkaufsleiter für Thomas Cook im Osten von Deutschland unterwegs war.

„Wir waren darauf alle nicht gefasst“, blickt Meyer zurück. „Wir wurden beruhigt und vertrauten auf den Fosun-Deal.“ Erst kurz vor der Insolvenzanmeldung sei den Mitarbeitern die Lage klar geworden.

Es folgte der Gang zum Arbeitsamt

Zur großen Betriebsversammlung, auf der das Ende verkündet wurde, war Meyer per Skype zugeschaltet. „Ich bin in ein riesengroßes Loch gefallen“, sagt er. „Den Begriff Arbeitslosigkeit gab es in meinem Wortschatz bis dahin nicht.“ Doch der wurde dann Realität. Ende Oktober habe er die Kündigung erhalten, danach nur noch für einen Monat Gehalt. Es folgte der Gang zum Arbeitsamt.

Aber Meyer hat gleich die Ärmel hochgekrempelt. Über seine langjährigen Kontakte hörte er, dass der Plauener Wellness-Reisen-Spezialist Selta Med schon länger einen Vertriebsleiter suchte. Es folgten ein Anruf, ein längeres Gespräch – und ein Arbeitsvertrag. Seit Januar ist Meyer Vertriebschef bei Selta Med und kümmert sich um einen intensiveren Kontakt zu den Reisebüros – seine Kernkompetenz. Von seinen 16 Kollegen sei er allerdings der Einzige, der einen solch reibungslosen Übergang geschafft habe, glaubt Meyer.

Auch Christoph Gruber hatte fast 25 Jahre lang für Thomas Cook gearbeitet. Er war ursprünglich einmal Reiseleiter. In Oberursel hatte er als „Functional Application Manager“ – quasi im Alleingang, wie er sagt – das eigene Destination Handling System On-Tour des Veranstalters aufgebaut, über das etwa Reiseleitung, Transfers und Hotelabrechnungen abgewickelt wurden.

Unterstützung per Facebook
„Wie schnell es am Ende ging, damit hat keiner gerechnet“, sagt auch Gruber. Der IT-Experte hatte gleich eine Facebook-Gruppe aufgemacht, um mit Infos und FAQs zu helfen, wie Gruber sagt. „Es tauchten da so viele Fragen auf, etwa zu rechtlichen Themen oder dem Arbeitslosengeld.“ Die Gruppe „Ex Thomas Cook Staff“ ist immer noch sehr aktiv und hat heute 1.500 Mitglieder. Und eine Jobbörse mit mittlerweile über 200 Stellenangeboten. Die Best-Kooperation beispielsweise hat unter ihren Mitgliedsbüros den aktuellen Bedarf eruiert und die Job-Angebote an Gruber übermittelt.

Gruber schätzt, dass gut die Hälfte der Kollegen in neuen Jobs sind. Er weiß von einigen Mitstreitern, die bei DER Touristik in Frankfurt angefangen haben, aber auch bei FTI in München, TUI in Hannover oder Aida Cruises in Rostock. Manch einer sei erstaunt über die neuen Konditionen gewesen, hat Gruber mitbekommen, etwa weil er trotz Tarifvertrag niedriger eingestuft wurde. „Offenbar hat Thomas Cook nicht ganz schlecht gezahlt“, so Grubers Fazit.

Er weiß auch, dass viele in der Region bleiben wollen und daher auch außerhalb der Branche suchen. Doch andere seien nur wegen des Jobs nach Oberursel gezogen – „eine Chance, sich neu zu orientieren“. Er macht nun erst mal eine Fortbildung im IT-Bereich. „Ich bin entspannt und auch für Jobs in anderen Branchen offen.“


Das sind die neuen Arbeitgeber der Top-Manager

Stefanie Berk, zuletzt Geschäftsführerin von Thomas Cook für Zentral- und Osteuropa, ist seit 1. März neuer Vorstand bei der Deutschen Bahn, zuständig für das Ressort Marketing. Berk war 17 Jahre lang bei Thomas Cook.
Carsten Seeliger, langjähriger Vertriebs- und Service-Chef von Thomas Cook, ist zu Galeria Karstadt Kaufhof gewechselt. Als Mitglied der Geschäftsführung von Galeria Reisen ist er insbesondere für Omnichannel zuständig.
Georg Welbers, bei Thomas Cook unter anderem Geschäftsführer von Öger Tours, für Marketing, Vertrieb, E-Commerce bei TC zuständig und zuletzt für Omnichannel, hatte den Veranstalter schon Anfang 2019 verlassen. Zum 1. April wird er neuer Leiter Marketing und Vertrieb bei Alltours in Duisburg.
Nils Wevers, seit 18 Jahren im Flugeinkauf von Thomas Cook beschäftigt und zuletzt Leiter des Bereichs, hat im Februar ebenfalls bei Alltours angefangen, als Direktor Flug. Wevers blickt auf 30 Jahre Erfahrung zurück.
Songül Göktas-Rosati, zuvor vier Jahre lang Geschäftsführerin von Öger Tours, ergänzt seit März die fünfköpfige Geschäftsführung des Türkei-Spezialisten Bentour. Sie ist hier für den deutschen Markt verantwortlich. Göktas-Rosati war seit 2001 bei Öger Tours.
Heike Schicktanz, die bisherige Chefin des früheren Thomas-Cook-Callcenters GfR, ist seit Februar neue Direktorin für Customer Care bei Urlaubsguru. Die 56-Jährige war 22 Jahre lang bei Thomas Cook beschäftigt. GfR wurde Ende 2019 an einen Fonds verkauft.
Ioannis Afukatudis ist seit Dezember neuer Geschäftsführer von Gruber Reisen in Graz. Afukatudis hatte 1993 bei der damaligen NUR Touristic angefangen, war später Geschäftsführer von Bucher und zuletzt CEO der Thomas Cook Austria.
Hans Müller, zuvor Director Hotel Contracting bei Thomas Cook, ist nun Head of Group Hotel Contracting der DER Touristik. Der 57-Jährige lebt auf Mallorca und war seit 1988 bei Thomas Cook.
Peter Fankhauser, Ex-CEO der Thomas Cook Group, ist seit 2018 Honorarprofessor an der Hochschule St. Gallen. An der Schweizer Hochschule, an der er einst studiert hat, soll Fankhauser auch weiterhin lehren.

 
Von Jürgen Baltes
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