Verkehr

Aerticket: „Viele Airlines spielen nicht mit“

Aerticket-Chef Rainer Klee rät Reisebüros, nicht überstürzt Flüge umzubuchen. Foto: Aerticket

Aerticket-Chef Rainer Klee rät Reisebüros, nicht überstürzt Flüge umzubuchen. Foto: Aerticket

Der führende Consolidator Aerticket macht für die momentan teils massiven Schwierigkeiten bei Flugumbuchungen und Ticket-Erstattungen vor allem die Fluggesellschaften verantwortlich. „Wenn die Airlines in dieser Situation nicht mitspielen, haben wir ein Problem“, sagt Aerticket-Chef Rainer Klee. Im Gespräch mit touristik aktuell erläutert er auch, warum Reisebüros jetzt nicht in „Aktionismus“ verfallen sollten. 

Herr Klee, wie sieht denn momentan der Arbeitsalltag bei Ihnen aus?
Es ist unvorstellbar! Gehen normalerweise bei uns rund 50 Rückerstattungen pro Tag ein, sind es derzeit eher 5.000. Dadurch ergibt sich ein riesiger Rückstau – auch bei den E-Mails, von denen 3.000 noch nicht bearbeitet wurden. Wir haben reagiert, indem wir unser Einsatzteam vervierfacht haben. Jeder muss jetzt mitmachen, auch Mitarbeiter aus anderen Abteilungen.

Wie lange wird dieser Zustand anhalten?
Ich gehe davon aus, dass sich das in zwei bis drei Wochen erledigt hat. Da der Luftverkehr nahezu stillgelegt ist, kommen ja keine Neubuchungen mehr herein. Es ist also ein endliches Thema.

Aber sorgen die derzeit starken Verzögerungen nicht für Unmut bei den Agenturpartnern?
Wir haben mit den meisten Reisebüros und Kooperationen gesprochen und treffen auf viel Verständnis. Die beschweren sich eigentlich weniger über uns als über Airlines, die es Reisebüros in der Vergangenheit immer schwerer gemacht haben, solche Vorgänge selbst zu bearbeiten.

Können Sie das konkretisieren?
Zum Beispiel sind mit dem Direct-Connect-Tool Farelogix, das Lufthansa nutzt, Umbuchungen nicht möglich. Ein weiteres Ärgernis ist, dass die meisten Fluglinien Refunds nur noch über BSP-Link abwickeln. Das heißt: Jede Erstattung muss einzeln genehmigt werden.

Klingt kompliziert …
… und bringt sowohl Reisebüros als auch uns Ticket-Großhändler in eine unangenehme Situation. Die Kunden wollen ihr Geld wiederhaben, die Fluggesellschaften halten die Zahlungen jedoch momentan widerrechtlich zurück, um ihre Liquidität zu sichern. Wenn aber die Airlines in dieser angespannten Situation nicht mitspielen, haben wir ein Problem.

Was raten Sie den Reisebüros in dieser misslichen Lage?
Viele versuchen jetzt ja, ihre Kunden zum Umbuchen zum Beispiel auf die Sommermonate zu bewegen. Von einem solchen Aktionismus raten wir ab. Denn momentan weiß ja niemand, wann die Airlines wieder regelmäßige Flüge aufnehmen können. Nach unserer Einschätzung dürfte das frühestens im Juli oder August wieder anlaufen, vielleicht zunächst mit einer Kapazität von 20 Prozent. Mit einem größeren Reiseaufkommen ist also wohl erst im Herbst zu rechnen.

Was also tun?
Reiseverkäufer sollten darauf hinwirken, die gebuchten Flüge auf „Hold“ zu setzen. Damit verfällt das Ticket nicht und kann behandelt werden wie ein Gutschein, der für einen späteren Reisetermin eingesetzt wird. Kreative Reisebüros könnten dafür sogar symbolische Gutscheine erstellen, die sie ihren Kunden aushändigen.

Thomas Riebesehl
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