Verkehr

Airlines: „Die Großen werden profitieren“

Wie wird der Airline-Markt nach der Krise aussehen?

Wie wird der Airline-Markt nach der Krise aussehen? Fotos: ta, Prologis

Kein Freund von Staatsbeteiligungen: Airline-Berater Gerd Pontius

Kein Freund von Staatsbeteiligungen: Airline-Berater Gerd Pontius

Die Corona-Pandemie wird aus Expertensicht zu einer weiteren Konzentration auf dem deutschen und europäischen Airline-Markt führen. Im Interview mit touristik aktuell spricht Gerd Pontius vom Beratungsunternehmen Prologis über Szenarien nach der Krise und verrät, was er von Staatsbeteiligungen und Gutscheinen hält.

Herr Pontius, die Corona-Krise trifft die Airline-Branche derart hart, dass sogar große Luftfahrtkonzerne wie Lufthansa ins Wanken geraten. Wie wird der Markt nach der Krise aussehen?
Ich gehe von einer weiteren Bereinigung aus, bei der die größten Airline-Gruppen in Europa überleben werden und kleinere, unabhängige Fluglinien verschwinden könnten. Trotz aller negativen Folgen der Krise wird das für die verbleibenden Airlines langfristig auch positive Aspekte haben: Bislang vorhandene Überkapazitäten werden abgebaut, die Auslastung in den Maschinen steigt und der teilweise ruinöse Preiskampf hat ein Ende.

Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung?
Generell ist die Situation heute eine andere als vor zwei bis drei Jahren. Durch die Konsolidierung der letzten Jahre sind fast nur noch kapitalstarke oder staatlich gestützte Airlines am Markt, die einen Nachfrageeinbruch von dieser Dimension länger durchhalten können. Natürlich werden auch Konzerne wie die Lufthansa-Gruppe oder Air France/KLM im laufenden und kommenden Jahr hohe Verluste hinnehmen müssen. Aber spätestens in drei Jahren dürften sie gestärkt aus der Krise hervorgehen.

Gilt das auch für die großen Billigflieger?
Im Gegensatz zu den großen Netzwerk-Carriern sind bei Airlines wie Wizz Air, Ryanair und Easyjet die Overheads, die nichts oder wenig mit dem reinen Flugbetrieb zu tun haben, deutlich geringer. Durch den höheren Anteil der variablen Kosten haben sie einen stärkeren Hebel für Einsparungen, wenn sie ihre Maschinen am Boden lassen.

Aber egal welches Geschäftsmodell: Ohne massive Hilfen oder sogar Beteiligungen seitens des Staates wird keine Airline überleben.
Ganz klar: Ohne staatlichen Beistand ist diese Krise kaum zu bewältigen. Aber Verstaatlichungen stehe ich grundsätzlich kritisch gegenüber, weil das enorme Konsequenzen für die betroffenen Unternehmen und die Gesundheit der zukünftigen Märkte hat. Das Beispiel Italien führt es uns gerade vor Augen: Hier wird versucht, die marode Alitalia mit brachialer Gewalt am Leben zu erhalten. Auch wenn die momentane Krise ohne Beispiel ist, plädiere ich für eine Unterstützung der Airlines mit Augenmaß. Eine Staatsbeteiligung sehe ich als letzte Notlösung mit hoffentlich nur temporärer Dauer.

Momentan versuchen Airlines ja auch, durch Gutscheine statt Ticketerstattung ihre Liquidität zu sichern. Ein probates Mittel?
In der aktuellen Situation dramatisch knapper Liquidität hilft das enorm, aber man begibt sich auch auf dünnes Eis. Ich bin mir nicht sicher, ob diese Geschäftspraxis auf Dauer rechtlich Bestand haben wird – auch wenn bereits mehrere Staaten eine Gutschein-Lösung beschlossen haben und auch die Bundesregierung diese unterstützt. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es nach der Krise zu Klagen seitens der Verbraucher kommt und diese auch erfolgreich sind.

 
Thomas Riebesehl
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