Tunesien

Tunesien: Abenteuer auf dem Viermaster

Ein Ausflug mit historischen Karawellen bringt Abwechslung in den Djerba-Urlaub.

Ein Ausflug mit historischen Karawellen bringt Abwechslung in den Djerba-Urlaub.

Djerba vom Wasser aus zu erkunden gibt ein völlig neues Bild der Insel

Fischerboote gehören nach wie vor zum Alltag im Hafen von Houmt Souk.

Fischerboote gehören nach wie vor zum Alltag im Hafen von Houmt Souk. Fotos: rh, aboutpixel

Wäre da nicht das moderne Glasbodenboot und die schnittige Yacht mit australischer Flagge, man könnte glauben, im Hafen von Houmt Souk in ein anderes Jahrhundert geraten zu sein: Behäbig schaukeln in dem kleinen Hafenbecken neben den Fischerbooten eine Handvoll großer hölzerner Schiffe wie man sie nur von historischen Gemälden oder aus Piratenfilmen kennt. Tatsächlich empfängt auf einem von ihnen sogar eine abenteuerliche Gestalt mit Hakenhand und Augenklappe die Ausflügler: gestatten – Capitain Hook. Die Mannschaft ist entsprechend gekleidet, mit Kopftüchern und breit gegürteten Pluderhosen.

Eine nach der anderen tuckern die Karawellen hinaus in das offene türkisfarbene Gewässer – rudern muss niemand mehr, um bis unter den Wind zu gelangen. Langsam bleiben die neuen Marinabauten und das massige Fort Gazhi Mustapha zurück.

Wer den Blick indes vorwärts oder seitwärts richtet, sieht nichts als die blaugrüne See. Irgendwo hier könnten einst die „verderblichen Winde“ die Segel des Odysseus gebläht haben, bis dieser schließlich, nach neuntägiger Fahrt über das fischreiche Meer im Land der Lotos-Esser anlief, wo drei seiner Gefährten nach dem Genuss einer honigsüßen Frucht nicht eine Sekunde mehr an Odysseus dachten, wie es im neunten Vers der berühmten griechischen Dichtung heißt.

Eine Fahrt ins Revier der Delfine
Zur Rechten und zur Linken der Reling schaut man mühelos auf das Leben auf dem Meeresgrund – denn die Wassertiefe vor Houmt Souk beträgt über eine Distanz von fast zehn Kilometern gerade mal fünf Meter. Damit die Schiffe nicht das Schicksal vieler ihrer Vorgänger erleiden, die in den Untiefen strandeten, wurde eine 20 Kilometer lange Fahrrinne ausgebaggert, an deren Ende zwischen Kiel und Meeresboden schließlich immerhin 20 Meter Wasser liegen.

An diesem Punkt beginnt auch das Revier der Delfine. Als silbrig schimmernder Bogen wölbt sich ihr Rücken aus den Fluten – da, dort, noch einer und noch einer. Die eleganten Meeressäuger lieben das Spiel mit den Karawellen, die im großen Kreis ihren Tummelplatz umstellen. Irgendwann sind jedoch beide Parteien des Schauspiels müde und Kapitän Hook nimmt nunmehr Kurs auf die Flamingoinsel.

Zum Dessert gibt es Folklore
„Setzt die Segel" lautet nun das Kommando, und schon turnt die Mannschaft flink herum in der Takelage – ein kleiner Vorgeschmack auf das Rückfahrtprogramm mit artistischen Darbietungen hoch über den Köpfen der Passagiere. Unter fröhlichen Gesängen und fortwährendem Klicken der Kameraauslöser nähert sich das Schiff der langen Sandzunge. Rasch ist es an einem der Anlegestege vertäut: Ein jeder Anbieter des Trips hat seinen eigenen Ankerplatz. Und eine eigene große Palmblatthütte am schattenlosen Sandstrand, in der das Mittagessen aufgetischt wird.

Zuvor bleibt allerdings genügend Zeit für ein Bad im Meer oder in der Sonne. Wer mag, kann mit einem Mannschaftsmitglied auch einen Wattspaziergang machen – und helfen, Krebse, Muscheln, Austern und andere Schalentiere zu suchen. Bizarr sind ihre Formen, unbekannt die Namen – doch manche von ihnen schmecken später vom Grill ausgezeichnet. Wie die kleinen silbrigen Fische, die auf die Hand serviert werden, bevor es bergeweise Spaghetti gibt und Salat aus Zwiebeln und Tomaten oder ein Couscous.

Zum Dessert erwarten die Ausflügler Folklore, Sketche oder noch einmal ein Strandausflug. Auf der Rückfahrt steht vielleicht noch ein Schwimm-Stopp auf dem Programm – je nach Wassertemperatur und Wetterlage. Am frühen Nachmittag steuert Capitain Hook seinen Dreimaster dann wieder über die Fahrrinne in den Hafen von Houmt Souk hinein. Delfinschulen und rosa Flamingowolken bleiben als Erinnerung des rund fünfstündigen Ausflugs – und wenn man ihn zur richtigen Jahreszeit, das heißt in den Wintermonaten gebucht hat, auch die Scharen von Zugvögeln, die in dem Gebiet rasten.
Rita Henss