Marokko

Das flüssige Gold Marokkos

Arganbäume prägen das Landschaftsbild zwischen Agadir und Essaouira.

Arganbäume prägen das Landschaftsbild zwischen Agadir und Essaouira. Foto: cd

Zwischen Agadir und Essaouira gewinnen Frauen das kostbare Arganöl

Der Raum, in dem etwa ein Dutzend Berberfrauen auf Schilfmatten am Boden sitzen, ist kühl und sauber. Die Wände sind mit Ölfarbe bemalt und zeigen in naiver Kunst einen Hain von immergrünen Bäumen. Die Frauen schwatzen und lachen, während ihre Hände ständig in Bewegung sind. Mit Steinen klopfen sie in beeindruckendem Tempo die Schalen der Arganiennüsse auf, und die winzige Mandel kommt zum Vorschein. Etwa ein Kilo Mandeln gewinnt jede Arbeiterin pro Tag, fünf bis acht Kilo ergeben gerade einmal einen Liter Öl.

Ein Schatz, den es nur hier gibt
Arganöl ist gefragt in der Gourmet-Küche und der Kosmetikherstellung. Es enthält extrem viel Vitamin-E, senkt den Cholesterinspiegel und besteht zu über 80 Prozent aus ungesättigten Fettsäuren. Anders als etwa bei den Oliven, die rund ums Mittelmeer und im Maghreb gedeihen, wächst der Arganbaum weltweit nur im Südwesten Marokkos im Hinterland der Küste zwischen Agadir und Essaouira.

Arganfrüchte wurden von den Berberfrauen schon immer geerntet – früher allerdings nur für den Eigenbedarf. Seit etwa zehn Jahren jedoch unterstützen Organisationen wie die GTZ oder Oxfam den Aufbau von Frauenkooperativen, die sich um die schonende Verarbeitung der „Gabe Gottes“ kümmern. Die Kooperative „Ajddigue“ (berberisch für „Blume“) wurde 1998 von einer Chemieprofessorin gegründet. Fünf Dutzend Frauen zwischen 18 und 70 Jahren sind inzwischen hier beschäftigt. Ihr Tagelohn beträgt vier Euro. Das erscheint wenig, gewährleistet den Arbeiterinnen jedoch vielfach erstmals ein eigenes Einkommen. „Die Frauen werden dadurch viel selbstständiger und selbstbewusster“, sagt Geschäftsführerin Zahra Knabô.

Knapp 50 „echte“ Frauenkooperativen zur Gewinnung von Arganöl gibt es inzwischen im Südwesten Marokkos. Überall an der noch immer weitgehend unerschlossenen Küste nördlich von Agadir finden sich Haine mit Arganbäumen. Und Gäste sind immer herzlich willkommen.

„Live-Element“ bei Marco Polo
Auch viele Reiseveranstalter bieten Ausflüge an, bei Marco Polo ist der Besuch ein „Live-Element“ der Rundreise „Atlas-Abenteuer und Berberleben“. Schon die Fahrt vorbei an langen Stränden, hohen Dünen und rauen Felsküsten lohnt sich. Gar nicht zu reden von dem Bewusstsein, durch den Kauf eines Fläschchens Arganöl einen Beitrag zur Existenzsicherung der Berberfamilien zu leisten.
Claudia Diemar