Marokko

Marokko: An den Ufern des Bouregreg

Rabats Nekropole: Das Mausoleum von Mohammed V. ist eines der architektonischen Highlights der marokkanischen Hauptstadt.

Rabat putzt sich heraus – davon profitiert auch die Schwesterstadt Sale auf der anderen Seite des Flusses

Unbedingt einen Besuch wert: die Kasbah von Rabat.

Rabats Promenade: Ende 2010 soll hier die neue Straßenbahn fahren. Fotos: rh (2), stock.xchng

Von der kleinen Terrasse des Café Maure im Andalusischen Garten der Oudaja-Kasbah, wo im Sultans-Palais das neue kleine Schmuckmuseum eingerichtet wurde, schweift der Blick hinab zum Fluss. Breit wie ein See ist seine Mündung, dutzende farbenfroher Fischerboote liegen fast reglos auf dem Wasserspiegel.

Der Bouregreg trennt, kurz bevor er sich in den Atlantik ergießt, Marokkos Metropole Rabat und ihre Schwesterstadt Sale. Knapp drei Kilometer sind die beiden Ufer voneinander entfernt. Zwei moderne Brücken und ein Bootspendelverkehr verbinden die alten Rivalinnen, von denen Sale aufgrund der Frömmigkeit der Bürger lange Zeit als wichtiger galt. Das änderte sich 1912, als das französische Protektorat Rabat zum Verwaltungshauptsitz Marokkos bestimmte und der Sultan daraufhin den Sitz des Alawiden-Hofes von Fes an das linke Ufer des Bouregreg verlegte.

Wie sein Urgroßonkel und Urgroßvater residiert auch der derzeitige König Mohammed VI. den größten Teil des Jahres in Rabat. Und er hat ambitionierte Pläne für die Metropole. Einer der spektakulärsten ist die Neugestaltung des Flusstals vom Küstensaum bis zum Stausee Sidi Mohamed Ben Abdallah. Die ersten beiden Etappen sollen 2012 abgeschlossen sein: die Verschönerung der Zonen ab dem Festungsviertel von Rabat und der Altststadt von Sale sowie zwischen der neuen Brücke Moulay Hassan und dem Mausoleum von Mohammed V. Kernpunkte des Projekts sind der Schutz und die Aufwertung von Flora und Fauna bei gleichzeitigem Ausbau der touristischen Infrastruktur.

Den zunehmenden Verkehr entlasten ein Tunnel und eine neue Straßenbahn. Die erste Tramlinie von Sale bis hinauf zur Kathedrale von Rabat soll Ende 2010 ihren Betrieb aufnehmen. Bis dahin freuen sich die Rabati über zusätzliche Flaniermöglichkeiten auf den Schienentrassen.

Wir spazieren aber erst einmal durch einen niedrigen Torbogen hinein in die geschäftigen Gassen der Medina. Kleiner und überschaubarer sind diese Souks als jene von Marrakesch. Sie wirken aber auch viel authentischer, denn es werden vor allem Dinge des Alltags angeboten. Man schiebt und drängt, schaut und prüft, neben den Aluminiumteekannen liegen die Rinderhüften, hinter dem Kopftuchstand geht es zum Cyber-Café.

Welch anderer Herzschlag dann in der Neustadt. Kaum hat man dem Marché Central den Rücken gekehrt, öffnet sich das Grün des Parc Hassan. Zu seiner Linken strebt die Avenue Mohammed V., gesäumt von Palmen und Art-déco-Fassaden, hinauf zur Es-Sunna-Moschee. Auch der weiße, historische Bahnhof liegt an der prachtvollen Hauptallee.

Regelmäßig gibt es Züge nach Casablanca und Sale. Aus Sales Töpferviertel stammen viele Keramikwaren; man sieht meist sogar die Brennöfen rauchen. In einer der vielen Gassen der Medina entdecken wir eine winzige Schuhmacher-Werkstatt. Drei Tage später haben wir ein Paar apfelsinenfarbene Pantoffeln im Gepäck – handgemacht in Sale.
Rita Henss
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