Marokko

Ein Angriff auf die Sinne

Der Eselparkplatz hinter dem Souk in Zagora.

Bei milden Wintertemperaturen verführt der Süden in eine andere Welt

In Zagora weist ein Schild auf die Handelsstraße nach Timbuktu hin. Fotos: jm

Ahmed passt so gar nicht ins Bild des 21. Jahrhunderts: Ahmed ist Parkplatzwächter – für Esel. Mehrere Tage reisen viele Berber an, um zum Wochenmarkt nach Zagora zu kommen, dem letzten Posten der Menschheit vor der Wüste. Archaisch, als sei die Zeit stehen geblieben, geben die Männer ihre Lastenträger für einen Dirham pro Tier in die Obhut von Wächtern auf dem Eselparkplatz hinter dem Souk. Der fremde Besucher staunt – und wird von Ahmed und Kollegen ebenso staunend angestarrt. Als ob es eine Szene aus „Zurück in die Zukunft“ wäre.

Dazu passt das bekannte Verkehrsschild von Zagora: Tombouctou 52 jours. 52 Tage nach Timbuktu brauchten die Karawanen, um von Zagora in die berühmte Lehmbautenstadt im heutigen Mali zu gelangen.

Das Hinterland ist ein großer Trumpf Marokkos. Wer genug vom Strand in Agadir hat und nicht gleich nach Zagora, aber doch nach Marrakesch möchte: über die neue Autobahn kein Problem. Marrakesch und der als Gauklerplatz berühmt gewordene Place Jemaa El-Fna ist schließlich ein Angriff auf die Sinne.

„Marokko braucht den Tourismus“, sagt König Mohamed VI., seit 1999 im Amt, Monarch, aber kein Diktator. Er hat in den letzten 14 Jahren mehr erreicht, als sein Vater in seiner ganzen Amtszeit. Eine Meinung, die wohl 90 Prozent der Marokkaner teilen.

Zu Unrecht wurde das Land im Arabischen Frühling in einen Topf geworfen mit Libyen, Tunesien, Ägypten. Ob tatsächlich „kein Tropfen Blut geflossen ist“, wie der Fremdenführer mitteilt, sei dahingestellt. Sicher ist: Es gab keine Unruhen, aber Demonstrationen und daraufhin Reformen, politisch mit mehr Rechten fürs Parlament, sozial mit wegweisenden Neuerungen.

„Marokko ist ein Baum mit arabischen Wurzeln“, lautet eine Berber-Weisheit, „aber die Blätter atmen europäische Luft.“ Frauen müssen keine Kopftücher tragen, die Film- und Pressezensur wurde nahezu aufgehoben. Extreme Islamisten finden keinen Boden. Dazu kommt die elegante Mischung aus Gastfreundschaft und Geschäft sowie Exotik ganz nah: Hoher Atlas und Sahara, Ziegen und Dromedare, Kasbahs und Moscheen.

Marokko ist stabil, sicher, sauber, sonnig – und bezahlbar. Auch deshalb gilt Marokkos Süden in diesem Winter als eine echte Alternative. „Natürlich ist Marokko ein Gewinner der Ägypten-Krise“, sagt etwa FTI-Chef Dietmar Gunz und verweist auf ein Gästeplus von 50 Prozent im Winter.

Der Süden von Marokko mit angenehmen 20 Grad plus ist im Winter genau das Richtige für deutsche Urlauber: gute Flugverbindungen, schöne Hotels und jenseits von Agadir auch Marrakesch und einen Schuss „Zurück in die Zukunft“.
Jochen Müssig