Namibia

Seebad im Wandel

Wahrzeichen von Swakopmund: der rot-weiß geringelte Leuchtturm

Wahrzeichen von Swakopmund: der rot-weiß geringelte Leuchtturm

Swakopmund ist die deutscheste aller Städte

Bienenstich und Schwarzwälder Kirschtorte gibt’s seit 1965 im Café Anton

Bienenstich und Schwarzwälder Kirschtorte gibt’s seit 1965 im Café Anton. Fotos: hb

Der Spaziergang beginnt, wo alles begann, und wo Swakopmund am schönsten ist: am Meer. Dort stehen hinter rauschenden Palmen die steinernen Zeitzeugen des Kaiserreichs. Das Hauptzollamt, nun Heimatkundemuseum. Das Bezirksamt, jetzt die Residenz des Staatspräsidenten. Der 35 Meter hohe Leuchtturm, rot-weiß geringelt, seit mehr als hundert Jahren Wegweiser für die Schifffahrt.

Jungs spielen Fußball am Strand. Im Atlantik schwimmen ein paar Frauen. Das machen sie das ganze Jahr, auch wenn das Wasser im Winter gerade einmal zwölf Grad hat. Hinter vorgehaltener Hand neckt man die Damen als „Woermann-Flotte“: Eine von ihnen stammt aus dem Hamburger Clan. Die Reeder versorgten Deutsch-Südwestafrika und gründeten 1894 die Damara & Namaqua Handelsgesellschaft.

Eine Kaserne als Jugendherberge

„Swakopmund“, sagt Stadtführerin Angelica Flamm- Schneeweiss, „ist heute eine afrikanische Stadt in deutschen Kulissen.“ Da gibt es zwar noch die prächtigen Repräsentationsbauten aus der Kolonialzeit. Doch sie werden neu genutzt: Die alte Kaserne hat sich in eine Jugendherberge verwandelt, das Lazarett in ein Pflegeheim. Man feiert Karneval und Oktoberfest, doch die 2.500 deutschen Muttersprachler sind längst in der Minderheit.

Swakopmund wirkt als die deutscheste aller Städte in Namibia. Doch nur wenige halten die Flagge des Kaiserreichs hoch. Auf der Fahne des Swakopmunder Männergesangsvereins 1902 steht zwar „Stets behalt’ den reinsten Klang / Deutsche Treu, Deutscher Sang“. Doch man singt auch Lieder auf Afrikaans, Englisch, Herero und Oshivambo.

Vielfalt mit Geschmack

Swakopmund wurde 1892 gegründet. Doch bis aus den provisorischen Verschlägen eine Siedlung entstand, dauerte es. Vor etwa 125 Jahren legte das erste wichtige Schiff an und brachte 120 Mann der Schutztruppe, 40 Siedler sowie deren Ausrüstung samt Zuchtvieh. Die Pioniere gruben mit Brettern Höhlen und schützten sich vor dem Wind mit Walfischrippen, Wellblechstücken und Segeltuchlappen. Der Bau-Boom kam erst später – und war schnell wieder vorbei. Als der Erste Weltkrieg tobte, übernahmen im Juli 1915 die Südafrikaner.

Geländewagen stehen vor dem Hansa Hotel, nicht mehr Kamele wie früher. Beim Bäcker bestellt man aber immer noch auf Deutsch seine Brötchen. Das Café Anton serviert Bienenstich und Schwarzwälder Kirschtorte. Das einst „südlichste Seebad Deutschlands“ hat sich aber auch verändert.

Die Landungsbrücke wurde neu eröffnet, die Mole ist ein Ort zum Flanieren. Und endlich gibt es auch wieder Swakopmunder Bier. Fünf Hektoliter zapft Stephan Koepp pro Sud, im Restaurant Brewer & Butcher des Strand-Hotels kann man ihm zusehen. Gebraut werden stets ein Märzen und ein Helles. Die dritte Sorte ist immer ein Experiment – mal ein Rauchbier, mal ein stark gehopftes India Pale Ale. Swakopmunds neue Vielfalt kann man sich also auch schmecken lassen.

Helge Bendl
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