Tansania

Tansania? Aber sicher!

Touristen, die jetzt nach Tansania kommen, haben die Tierwelt fast für sich alleine

Das ostafrikanische Land bietet gerade in Corona-Zeiten einmalige Erlebnisse

Die Great Migration der Gnus ist jedes Jahr aufs Neue ein faszinierendes Spektakel

Jede Menge Zebras vor der Linse: Tierbeobachtungen waren selten besser möglich als heute. Fotos: uf

Robert Sarumbo hat das Auto im Schatten eines Baumes geparkt. Immer wieder nimmt er sein Fernglas, guckt durch, legt es wieder weg, während ein Gnu nach dem anderen in Richtung Mara-Fluss geht.

Seit drei Stunden ist der erfahrene Guide mit einigen Journalisten am Fluss im Norden der Serengeti unterwegs. Er will ihnen die Great Migration zeigen, eines der größten Spektakel Tansanias. Mehr als eine Million Gnus machen sich einmal pro Jahr auf den Weg ins benachbarte Kenia – und wieder zurück – und nehmen dabei große Strapazen auf sich.

Eine der schwersten Passagen ist die Querung des Mara-Flusses. Ein nicht ganz ungefährliches Gewässer mit heftiger Strömung, in denen zudem hungrige Krokodile lauern. Noch zögern die Gnus, tänzeln unruhig auf der Stelle. Robert entscheidet, eine andere Stelle aufzusuchen. Vorbei geht es an Impalas, Zebras und Nilpferden. Und an unzähligen Gnus, die gemütlich vor sich hin grasen. Nichts deutet darauf hin, dass sie sich gleich in Bewegung setzen könnten. Robert kehrt um.

Weniger Tierbeobachter als sonst
Am ersten Beobachtungsposten, wo auch sein Kollege Mohammed Hassan Ally mit weiteren Gästen wartet, haben sich eine Handvoll anderer Jeeps positioniert. „In normalen Zeiten wären hier deutlich mehr Beobachter“, sagt Robert und runzelt die Stirn. Die Great Migration ist eines der Highlights, zu der pro Jahr unzählige Touristen ins Land kommen. Normalerweise. „In diesem Jahr ist alles anders.“

Ob die Gnus heute den Mara-Fluss queren werden, wissen weder er noch Mohammed. Nur eins ist sicher: Um 16 Uhr muss die Rückfahrt in das dreieinhalb Stunden entfernte Serengeti View Camp erfolgen, wo die Gruppe übernachten wird. Im Dunkeln auf den holprigen Straßen durch den Nationalpark zu fahren, ist nicht erlaubt. Und das ist gut so. Schon tagsüber gestaltet sich die Fahrt abenteuerlich. Gleich zweimal bleiben die Autos im Schlamm stecken.

Die Minuten verrinnen. 15.58 Uhr. Immer mehr der Tiere drängen zum Wasser, und auf einmal setzen sich auch die Autos in Bewegung. Robert gibt Gas. „Da vorne“, sagt er. „Die Gnus kommen an der anderen Flussseite hoch.“

Kaum am Gewässer angekommen werden die Gäste Zeugen eines faszinierenden, einmaligen Schauspiels. Panisch stürzen sich die Tiere in die Fluten, um erschöpft auf der anderen Seite weiterzutraben. „Are you happy?“, fragt Robert eine Touristin. „Wir haben großes Glück gehabt.“

Kampf gegen Reisewarnung
Robert ist seit 25 Jahren Guide, er arbeitet für Shah Tours, die Incoming-Agentur von einigen deutschen Veranstaltern wie Akwaba-Afrika. Dessen Chef David Heidler kämpft seit einigen Monaten mit zahlreichen Kollegen dafür, dass Touristen wieder nach Afrika reisen und hatte unter anderem eine Klage gegen die pauschale Reisewarnung initiiert.

Seit März hat Heidler wie viele Spezialveranstalter keine einzige Reise mehr verkauft. „Nur dadurch, dass wir die meisten unserer Kunden zum Umbuchen aufs nächste Jahr bewegen konnten, gibt es uns noch“, sagt er. Nicht allen Kollegen ist dies gelungen. Veranstalter Elangeni aus Bad Homburg beispielsweise hat mittlerweile sein Geschäft aufgegeben.

Der 30-Jährige, der viele Jahre lang in Tansania gelebt und studiert hat, kritisiert die Entscheidungen der Regierung. Man müsse in die Länder schauen, um das Risiko einschätzen zu können. Deshalb habe er sich auch für eine Pressereise entschieden, um zu zeigen, wie hoch die Risiken wirklich sind, welche Maßnahmen vor Ort umgesetzt wurden. Und wie angenehm es ist, durch menschenleere Nationalparks mit jeder Menge Tiere zu reisen.

Umfangreiches Hygienekonzept
Tansania ist eines der afrikanischen Länder, die ein umfangreiches Hygiene- und Sicherheitskonzept erarbeitet haben. Desinfektionsmittel und unzählige Handwasch‧eimer mahnen zur Hygiene. Tourenanbieter, Safari-Guides und die Angestellten von Hotels und Lodges tragen Maske. Es wird auf Abstand geachtet, was laut Heidler gut funktioniert.

Seine Einschätzungen teilt auch ein deutscher Arzt, der mit seiner Familie in Tansania lebt. Er bedauere, dass es lange Zeit eine pauschale Reisewarnung gegeben habe, sagt der Mann, der nicht namentlich genannt werden möchte. Dadurch habe es auch in Tansania einen hohen Kollateralschaden gegeben. Durch den Einbruch des Tourismus um rund 95 Prozent haben viele Menschen ihre Jobs verloren und können ihre Familien nicht mehr finanziell unterstützen.

Auch Horst Bachmann, Manager der African View Lodge im Arusha-Nationalpark, musste viele seiner Angestellten entlassen. Schweren Herzens, wie er sagt. An jedem Mitarbeiter hänge eine große Familie. Viele haben sich umorientiert, beackern nun Land, bauen Obst, Gemüse, Getreide an, hüten Vieh, um über die Runden zu kommen.

Guide Mohammed beispielsweise hat mehrere Monate lang bei seiner Familie gelebt und sich um die Kühe gekümmert. Dies sei seine zweite Tour seit Corona, erzählt er und strahlt jede Menge Optimismus aus. Angst vor dem Virus habe er nicht. „Angst macht krank.“

Es ist diese Einstellung, die die Tansanier leichter durchs Leben gehen lässt. „Man lebt hier nach dem Motto: ,Wenn es passiert, dann passiert es eben‘“, sagt der Arzt. Wie wahrscheinlich es ist, in Tansania an Corona zu erkranken, kann auch er nicht sagen. Seit April hat die Regierung keine Zahlen mehr veröffentlicht.

Präsident John Magufuli hat zudem im Mai die Pandemie für beendet erklärt. „Wir gehen nicht davon aus, dass es Corona bei uns nicht mehr gibt“, sagt der Mediziner, der sich regelmäßig mit seinen deutschen Kollegen im Land austauscht. Aber es gebe Indizien, dass die Infektionszahlen sehr gering seien. Man habe weder vermehrt Todesfälle festgestellt, noch seien viele Infektionsfälle bekannt. „Wenn es welche gäbe, würden wir das mitbekommen“, ist er überzeugt.

Das Leben spielt sich im Freien ab
Über die Gründe, weshalb die Infektionszahlen in Tansania so niedrig zu sein scheinen, kann er nur spekulieren. „Zum einen ist das Durchschnittsalter hier sehr gering, zum anderen spielt sich das Leben vor allem im Freien ab.“

Warum die Regierung trotz dieser Indizien keine Zahlen veröffentlicht, verstehen weder Bachmann noch der Mediziner. Sie sprechen von einem Bärendienst, den Magufuli damit seinem Land erweist. Trotzdem sind sie optimistisch, dass es langsam wieder bergauf geht.

Das hofft auch Heidler. Zu Beginn der Reise hat er in Tansania Kunden aus Hannover getroffen, die eine Selbstfahrer-Tour bei ihm gebucht haben. Damals, als es Corona noch nicht gab. „Natürlich haben auch wir hin und her überlegt“, sagt Daniela, die mit ihrem Lebensgefährten Bernd die Reise für sich, die Tochter und deren Freund geplant hat.

Sie habe weniger Bedenken wegen des Virus‘ gehabt, sondern vielmehr wegen der Flüge und der Quarantäne. „Wir sind ja nur zu viert und kaum in Städten unterwegs“, sagt sie. Das Risiko sei überschaubar. Und sie vertraue Akwaba-Afrika. „Wenn alles gut läuft, kommen wir im Anschluss und buchen nochmal bei euch für November“, sagt Bernd, bevor die Familie aufbricht zu einer Fahrt durch ein touristenleeres Land, das gerade in diesen Zeiten einmalige Erlebnisse bietet.

P.S.: Die Familie aus Hannover hat ihr Versprechen wahrgemacht. Im November soll es fünf Wochen lang durch Südafrika gehen.

Ute Fiedler
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