Vietnam

Links zum Meer, rechts nach Kambodscha

Über einfache Brücken quert man die Seitenarme des Mekongs im Flussdelta.

Eine Fahrradtour durch das immergrüne Mekong-Delta

Dieser Händler verkauft Rüben auf dem Cai-Rang-Markt in Can Tho. Fotos: ah

Das Grün zieht sich bis zum Horizont. Endlose, wasserbedeckte Felder - das Mekong-Delta wird als Reisschale Vietnams bezeichnet. Wir wollen dieses feuchte Stück Land hautnah erleben, auf dem Fahrrad. Im wuseligen Saigon (Ho-Chi-Minh-Stadt) startet unsere sechsköpfige Gruppe. Im Minibus geht es auf den schnurgeraden Highway No. 1 Richtung Süden. Unser Ziel und Ausgangspunkt der dreitägigen Radtour heißt My Tho. Die 180.000 Einwohner große Stadt liegt in der Tien-Giang-Provinz und ist das Tor zum Mekong-Delta.

Der Name bezieht sich auf einen riesigen Seitenarm des Mekongs. Der mächtige Strom, der in Tibet entspringt, 4.500 Kilometer lang durch China, Myanmar, Laos, Thailand sowie Kambodscha fließt und schließlich im vietnamesischen Delta in das Südchinesische Meer mündet, teilt sich bereits in Phnom Penh in zwei Hauptarme. Einer dieser Arme ist der Tien Giang, der obere Fluss.

In My Tho besteigen wir bei strahlendem Sonnenschein, blauem Himmel und heißen 32 Grad unsere Räder. Und so ist es angenehm, dass das Delta flach ist. Der magische Mekong ist hier 1,5 Kilometer breit. Unser Guide Dien radelt an der Spitze.

Das Delta ist die ärmste Region Vietnams. Hier leben die Menschen von der Landwirtschaft. Am Straßenrand bleiben Reisbäuerinnen stehen, lächeln, winken. Besonders die Kinder sind begeistert. Jedes brüllt in einer infernalischen Lautstärke ein "Hello" oder "Welcome to Vietnam" unserer kleinen Radlergruppe entgegen. Wir kommen aus dem Grüßen und Winken kaum noch heraus und passieren einheimische Märkte, windschiefe Wellblechhütten und Reisplantagen.

Auf holprigen Pisten ist es nicht immer leicht, das Rad unter Kontrolle zu bringen. Bisweilen schlagen uns riesige Bananenblätter ins Gesicht, oder die Gruppe muss lauten Motorbikes Platz machen, die haarscharf überholen. Nach 50 Kilometern auf dem Sattel verbringen wir die erste Nacht in einfachen Holzpfahlhütten auf einer schmalen, lang gezogenen Insel inmitten des Deltas. Die Unterkünfte sind mit schmalen Stegen verbunden. Im Wasser tummeln sich Hunderte Seerosen und Wasserhyazinthen. In der Dunkelheit der Nacht hören wir Grillen zirpen, Moskitos wittern ihre Chance. Wir krabbeln ins Bett, das von einem Netz geschützt wird.

Um 8 Uhr morgens treten wir wieder in die Pedale und radeln die Insel am Co Chien, einem der Flussarme des Mekongs, entlang. Eine Autofähre bringt uns wieder aufs Festland, in die Provinzhauptstadt Vinh Long. Mitten auf dem Mekong erklärt uns Guide Dien: "Links geht's zum Meer, rechts nach Kambodscha." So viel zur Orientierung.

An Bord der Fähre begutachten uns Schulkinder neugierig, Lkw-Fahrer hängen lässig an der Reling und rauchen pausenlos. Zahllose Obsttransporter sind unterwegs zum Markt von Vinh Long. Wir sehen Männer mit Basttaschen voller Hühner und Schlangen. Weiter geht es nach Can Tho. Die Millionenstadt im Herzen des Deltas erreichen wir am späten Nachmittag. Den Abend verbringen wir in unserem gemütlichen Homestay, wo wir gemeinsam mit der einheimischen Gastgeberfamilie essen. Es gibt Ban Xheo, Pfannkuchen mit frischen Meeresfrüchten.

Am frühen Morgen besteigen wir ein Boot und schippern in die Stadt. Unser Ziel: die berühmten schwimmenden Märkte. In Can Tho befahren wir zum ersten Mal den zweiten riesigen Arm des Mekongs: den Hau Giang, den so genannten hinteren Fluss. Morgens um sieben herrscht reges Treiben auf dem Wasser: viele Boote, Schlepper und Kähne, in denen Händler ihre Ware feilbieten. Eine Fahnenstange verrät das jeweilige Angebot: Da flattert eine Süßkartoffel im Wind, eine kleine Melone baumelt an der Stange, und eine aufgeschnittene Ananas fasst das Sortiment zusammen.

Den schwimmenden Cai-Rang-Markt von Can Tho, einer der größten im Delta, gibt es bereits seit 400 Jahren. An sieben Tage in der Woche werden Früchte, Gemüse und Getreide an Einzelhändler verkauft, welche die Ware auf die lokalen Märkte bringen. Auch Reis, Nudeln und Schweinefleisch werden feilgeboten. Wieder an Land, besteigen wir den Minibus, der uns zurück nach Saigon bringt.
Arne Hübner
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