Malaysia

George Town: Chinatown auf Stelzen

Auf den „Clan Jetties“ ließen sich Ende des 19. Jahrhunderts chinesische Hafenarbeiter nieder.

Auf den „Clan Jetties“ ließen sich Ende des 19. Jahrhunderts chinesische Hafenarbeiter nieder.

In der malaiischen Stadt steht ein chinesisches Viertel auf dem Wasser

Auf dem Chew Jetty flanieren die Touristen, ansonsten geht es eher dörflich zu.

Auf dem Chew Jetty flanieren die Touristen, ansonsten geht es eher dörflich zu. Fotos: pra

Wer mit dem Schiff nach George Town kommt, hat kurze Wege: Der Kreuzfahrthafen liegt mitten in der Stadt, man braucht weder Bus noch Taxi. Also runter vom Schiff, durch das Kreuzfahrt-Terminal, und schon gelangt man ins Weltkulturerbe. Links herum geht es zum viktorianischen Uhrturm und weiter zum historischen Fort und zu den hochglanzrestaurierten Prachtbauten der einstigen britischen Kolonialherren.

Wir wenden uns zur anderen Seite und gehen die Hafenstraße, den Weld Quay entlang – dorthin, wo die Hauptstadt der Insel Penang am chinesischsten ist. Der alte Handelshafen ist ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen: indische, britische und natürlich malaiische Beimischungen sind zu sehen, Kirchen, Moscheen und hinduistische Tempel. Doch die Einwohner chinesischer Abstammung machen seit Jahrhunderten die größte Gruppe aus.

Vom Weld Quay stadteinwärts sieht man ganze Straßenzüge mit historischen Fassaden. Durch die Lebuh Acheh lassen sich Touristen in Rikschas kutschieren, die alten Shophouses sind farbenfroh restauriert und beherbergen Souvenirläden und Cafés. Andere Straßen sind weniger herausgeputzt, authentischer, aber bisweilen auch stark verfallen. Die Attraktion des Viertels sind die imposanten Kongsi, die Wohnhöfe der chinesischen Clans mit ihren reich verzierten Tempeldächern. Das prachtvollste Clanhaus von ihnen ist das Khoo Kongsi.

Doch die chinesischen Zuwanderer haben sich in George Town noch ein weiteres Viertel geschaffen – auf dem Wasser. Direkt am Weld Quay, wenige Hundert Meter südlich des Kreuzfahrt- und Fährhafens, schiebt sich ein ganzes Dorf auf Stelzen in das Meer.

Die so genannten „Clan Jetties“ waren ursprünglich Landungsstege für Lastkähne, die nach und nach um Lagerschuppen erweitert wurden. Schließlich nutzten sie die chinesischen Kulis auch für Wohnzwecke und bildeten dabei Gemeinschaften mit Landsleuten aus ihrer Heimat, der Provinz Fujian im Süden Chinas. Diese „Clans“ geben den einzelnen Wohnstegen noch heute ihre Namen. Die Stegdörfer wuchsen bis in die 1920er Jahre rasch an, wurden zum Teil durch Seiten- und Parallelstraßen mit weiteren Häusern ergänzt.

Im Süden der Bucht ragen die Wohntürme des modernen George Town auf, doch hier auf den Jetties leben die chinesischstämmigen Familien nach wie vor in Holzhäusern. An die Strom- und Wasserversorgung ist man mittlerweile angeschlossen, die Schilfdächer wurden durch Wellblech ersetzt, statt auf Holzpfählen ruhen die Behausungen auf Türmen aus betongefüllten Plastikeimern.

Doch das Leben ist nach wie vor dörflich: Unter den Vordächern baumeln rote Laternen und Bügel mit Wäsche, auf ihrer Veranda hält eine Chinesin ein Nickerchen in der Hängematte. Ein alter Mann kommt uns auf einem quietschenden Fahrrad entgegen. Durch halbgeöffnete Türen erspäht man Ahnenaltäre im Haus.

Jeder der sechs Jetties hat seine eigene Atmosphäre. Auf dem ersten der Stege, dem Lim Jetty, ist die dörfliche Atmosphäre noch am besten zu erleben. Nebenan auf dem Chew Jetty dagegen schieben sich Touristenscharen an den Holzhäusern vorbei, in denen Imbisse, Eiscreme-Stände und sogar ein Guest House untergebracht sind. Und auf dem Lee Jetty stehen die renovierten Hütten so schnurgerade nebeneinander, wie schmucke Reihenhäuser.

Jeder der Jetties hat seinen eigenen Tempel. Auf dem Chew Jetty findet sogar alljährlich zum Geburtstag des Jadekaisers ein farbenprächtiges Fest statt.
Eine englischsprachige Broschüre über die Clan Jetties gibt es unter http://gtwhi.com.my/resource. Infos zum Guest House findet man unter www.facebook.com/MyChewJettyHomestay.

Klaus Pranger

Rundreisen und Kreuzfahrten
George Town und die Insel Penang gehören auf den meisten Malaysia-Rundreisen zum Programm. Der Kreuzfahrthafen wird im kommenden Winter unter anderem von der Aida Bella, der Mariner of the Seas von Royal Caribbean und der Mein Schiff 1 von TUI Cruises angelaufen. Auch der Großsegler Star Clipper macht auf den Touren von Phuket nach ‧Singapur hier Station. Die Fahrten von TUI Cruises können mit verschiedenen Südostasien-Rundreisen von Gebeco kombiniert werden.

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