Indien

Bombays kleine Flucht

Die Höhlen von Elephanta Island gehören zum Weltkulturerbe.

Die Höhlen von Elephanta Island gehören zum Weltkulturerbe. Foto: cd

Ein Ausflug nach Elephanta Island als Pausenzeichen in der Millionenstadt

Die Stadt ist versmogt, chaotisch, bunt und laut. Wer in Bombay oder Mumbai, wie die Stadt seit zehn Jahren offiziell heißt, einmal abschalten will, macht am besten einen beschaulichen Bootsausflug nach Elephanta Island, zehn Kilometer vor der City in der Arabischen See.

Der Start erfolgt direkt an der Schauseite Bombays, dem Triumphbogen des „Gateway of India“. Gut eine Stunde sind die farbenfrohen Dampfer unterwegs. Schulklassen und viele Familien sind mit auf dem Boot. Am Inselanleger wartet bereits ein Miniaturzug, der munter auf den Schienen rattert. Die Fahrt entlang des Kais dauert rund fünf Minuten. Dann steigt man aus und es geht auf einem schattigen Treppenweg 120 Stufen bergan. Links und rechts wird die Gasse von Kunstgewerbehändlern gesäumt, was dem Ganzen eine fröhliche Flohmarktatmosphäre gibt. Ganz Bequeme können sich für umgerechnet vier Euro auch den gesamten Weg in einer Sänfte tragen lassen. Der Eintritt in den Tempelbezirk kostet für Einheimische zwanzig Cent, Touristen zahlen fünf US-Dollar. Der Unterschied ist nur gerecht und das Geld gut angelegt, denn die berühmten Kulthöhlen sind Unesco-Weltkulturerbe und überaus sehenswert. Im 7. Jahrhundert begann man hier, ein Hinduheiligtum direkt aus den Felsen zu schlagen. Besonders eindrucksvoll ist die Haupthalle mit meterhohen Reliefskulpturen, die den Gott Shiva in vielerlei Gestalt zeigen: als Schöpfer ebenso wie als Zerstörer des Bösen, als kosmischer Tänzer ebenso wie als Ehemann mit seiner Gattin Parvati. Leider wurden die Figuren gleich zweimal beschädigt: Islamischen Eroberern ging die Bildhaftigkeit zu weit, portugiesische Besatzer benutzten die Tempelfiguren im 13. Jahrhundert für Schießübungen. Was verblieben ist, ist dennoch über alle Maßen beeindruckend. Angenehm ist zudem die schattige Kühle in den Felsgrotten. Ein kleines Museum mit weiteren Fundstücken ist angegliedert. Dann schlendert man die von Bäumen überkronte Treppengasse zurück zum Kai. Wasserträgerinnen sind pittoreske Fotomotive. Überall im Grün turnen Affen herum, fischen Colaflaschen aus den Abfallbehältern, drehen die Verschlüsse auf und nuckeln die Reste aus. Elefanten sucht man vergeblich. Denn Elephanta Island hat seinen Namen nicht etwa von hier lebenden Dickhäutern, sondern von der Kolossalstatue eines Elefanten, die heute im Museum steht. Am Kai wartet schon der Miniaturzug, um einem das letzte Wegstück in der prallen Sonne zu ersparen.
Claudia Diemar
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