Saudi Arabien

Saudi Arabien: Aber bitte mit Abaya

Wenige hundert Kilometer von Jordanien entfernt: die Schlucht Al Haweyah.

Wenige hundert Kilometer von Jordanien entfernt: die Schlucht Al Haweyah. Foto: ar

Ein aufregendes Reiseziel für Kulturinteressierte

Der Leuchter besteht aus 600.000 in Gold gefassten Kristallen, die Vasen kommen aus Venedig. Doch richtig pompös wird es erst bei der Größe: 1.150 Quadratmeter Wohnfläche, dekoriert im Stil von Tausendundeiner Nacht, bieten die Suiten des Qasr Al Sharq in Jeddah. „Orientpalast“ – ein passender Name für das Hotel der Waldorf Astoria Collection unter Hilton-Management.

Wer pro Nacht rund 12.000 Euro zahlt, darf auch als Ausländer in Jeddah in Luxus schwelgen, wird von Butlern umsorgt, deren Chef von der Londoner Butler?s Guild 2006 zum Butler des Jahres gekürt wurde. Ihr Motto: „We never say no!“ Der Qualitätsstandard der Hotels in Saudi Arabien ist hoch. Und doch fühlt man sich mitunter als Mensch zweiter Klasse. Will man als Frau in Riads noblem Radisson SAS eine Runde im Pool schwimmen, hört man ein bedauerndes: „Sorry, men only!“. Nur wenige Hotels wie das Arac Hotel in Al Ula können Frauen diese Abkühlung bieten mit einem nicht einsehbaren Pool, der zu bestimmten Zeiten nur für Frauen geöffnet ist. Wundervolle Wüstenerlebnisse
Doch wer kommt schon wegen der Luxushotels und ihrer Pools nach Saudi Arabien. Einem Land, in dem so wunderbare Wüstenlandschaften locken? Wir sitzen im Norden, wenige hundert Kilometer von Jordanien entfernt, am Rand der acht Kilometer langen Schlucht Al Haweyah. Leise knistert das glühende Akazienholz unter den bauchigen Kaffeekannen. Die Berge am Horizont werden von Blitzen erleuchtet. Auf Decken sitzt man ums Feuer und lässt den ereignisreichen Tag nachklingen. Mit Kardamom gewürzter Kaffee und süßer Tee machen die Runde, saftig-klebrige Datteln besänftigen den Magen bis zum späten Abendessen. Wie schön wäre es, dort im warmen Sand auch das Nachtlager aufschlagen, zu können inmitten dieser zauberhaften Felskulisse. Zögernd steigen wir in die Landcruiser, als der Mond die Szenerie in fahles Licht taucht. Die bodenlange Abaya, die Touristinnen wie alle Frauen des Landes pflichtgemäß zu tragen haben, erweist sich dabei als hinderlich. Den Kopf braucht man, anders als im Iran, in Saudi Arabien nicht zu bedecken. Ein Kopftuch leistet allerdings schon als Sonnenschutz gute Dienste und zeigt, dass man sich den Gepflogenheiten des Landes anpasst. Und auch an den Abaya hat man sich schnell gewöhnt. Sandstein in der Abendsonne
Al Ulas Umgebung wartet mit vielen Überraschungen auf. Neben dem riesigen Mammoth Rock, in dessen Schatten Einheimische gerne Picknick machen, ist es vor allem Madein Saleh, das Großartiges zu bieten hat. Auch wer im benachbarten Jordanien bereits staunend vor Petras Schätzen gestanden hat, wird hier überwältigt. Die Felsgräber der Nabatäer beeindrucken durch ihre gigantischen Ausmaße und ihre abgeschiedene Lage. Mit nur wenigen Einheimischen teilen wir das Erlebnis, zwischen den orangefarben in der Abendsonne leuchtenden Sandsteinblöcken nach immer neuen Perspektiven zu suchen. Im Frühjahr, wenn nach Regenfällen grüne Teppiche zwischen den Felsen leuchten, kommen Naturliebhaber von weither in die Region Al Ula, das biblische Dedan. Madain Salah oder Al-Hijr war die südliche Hauptstadt des Nabatäer-Reiches und um Christi Geburt Zentrum der Handelskarawanen aus dem Süden Arabiens in den Irak und nach Ägypten. Rund um Al Ula sind Archäologen tätig, um die Spuren der verschiedenen Völker, die hier lebten, zu sichern. Zu Sehen und zu Staunen gibt es viel in Saudi Arabien. Auch in Riad mit seinen modernen Museen oder in der Boomtown Jeddah am Roten Meer. Zu viel für eine einzige Reise.
Andrea Reck