China

Allein im Reich der Mitte

Alltag in China: Wer allein unterwegs ist, sieht manchmal mehr.

Alltag in China: Wer allein unterwegs ist, sieht manchmal mehr. Foto: fh

Counter-Tipps: Das erwartet Individualtouristen in China

Englischkurse für Taxifahrer, ein Heer von Freiwilligen, die ausländische Besucher betreuen, und viel Infomaterial in lesbarem Englisch: Für Individualtouristen sind die Vorbereitungen zu Olympia 2008 auf Dauer von Vorteil. Dennoch gibt es zahlreiche Ängste: Allein durch China – geht das denn überhaupt? Hier führen wir die sechs wichtigsten Fragen am Counter auf – und geben die ehrlichen Antworten.

Ohne Chinesisch keine Chance?
Wohin fährt der Bus? Ist das der richtige Zug? China individuell zu erfahren, erfordert starke Nerven, denn wer kann schon die Aufschriften entziffern! Aber der westliche Besucher ist hier nicht nur Analphabet – man sieht es ihm auch an. Das lustige Ratespiel „Was mag der Ausländer wohl wollen?“ beschäftigt beim Einkaufen den halben Markt. Viele Chinesen wissen von vornherein, was die Langnase will. Da kann es schwierig sein, in den Bus von Guilin nach Fuli zu steigen, wenn alle Ausländer sonst ins Nachbardorf Yangshuo fahren. Mit einem freundlichen Klaps schiebt der Fuli-Fahrer das verirrte Schäfchen in den vermeintlich richtigen Bus. Wenn's sein muss auch mehrfach, ohne sich von den Protesten des Touristen beirren zu lassen. Unterwegs mit Englisch – geht das?
Wo sich der Ausländer bewegt, hallt ihm ein Chor von fröhlichen „Hello“ entgegen. Dahinter verbirgt sich aber nicht immer ein substanzielles Vokabular. Trotzdem: Wer auch nur ein paar Brocken Englisch beherrscht, wird seine Kenntnisse fleißig anwenden. Gerade jüngere Chinesen freuen sich über jede Übungsmöglichkeit. Wie steht es um die Kriminalität?
Kurze Hosen, blond und die Menge immer um Haupteslänge überragend: Der Ausländer ist ein wundersames Wesen, das nicht nur im Fokus der Taschendiebe steht, sondern auch unter permanenter Beobachtung tausender anderer Augenpaare. Ihm sich in böser Absicht zu nähern ist daher ein höchst riskantes Unterfangen. Welcher Kriminelle will schon vor so vielen Zeugen tätig werden? Ist der Straßenverkehr gefährlich?
Zwei Minuten in einem Überlandbus reichen, um den Reisenden in ein wimmerndes Häufchen Elend zu verwandeln: Die Mischung aus Darwinismus (der Lkw hat grundsätzlich recht) und Daoismus (alles fließt und nichts steht still) widerspricht allen westlichen Vorstellungen von Straßenverkehr. Daher gilt: Man reserviere nie die erste Reihe im Bus. Niemand hält auf Dauer aus, dem Gegenverkehr ins Auge zu sehen. Wird man mir Hund vorsetzen?
Eine beliebte Mär, die auch Chinesen amüsiert. Rund um Kanton im Süden des Landes werden in der Tat skurrile Tiere angeboten, der Rest des Milliardenvolkes hält sich in der Regel an Fleischsorten, die auch im Westen auf der Speisekarte stehen. Hund wird lediglich im Winter gegessen und steht nur sehr selten auf dem Speiseplan, er gilt als vulgär. Schildkröten und Schlangen sind so teuer, dass kein Spaßvogel es sich leisten kann, sie dem ahnungslosen Ausländer vorzusetzen. Werden Touristen betrogen?
Beim Anblick eines Westlers verdoppeln chinesische Markthändler nicht nur die Preise, auch ihr Charme vervielfältigt sich. Einkaufen ist ein sportlicher Wettbewerb, in dem alle Mittel erlaubt sind und dem Gewinner Bewunderung gezollt wird. Nach langem Feilschen mit enormen Nachlässen geht der Ausländer mit dem guten Gefühl, ein revolutionäres Schnäppchen gemacht zu haben, während der Ladeninhaber sich vor Freude die Hände reibt. Günstiger als in Europa ist es allemal.
Françoise Hauser
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